Haftstrafen wegen Arbeitsschutzverstößen sind selten – aber sie kommen vor. Spätestens wenn grobe Pflichtverletzungen zu schweren Gesundheitsschäden oder einem tödlichen Arbeitsunfall führen, wird aus „Compliance-Thema“ Strafrecht. Führungskräfte haften persönlich.
Rechtslage in Kürze
ArbSchG § 26: Vorsätzliche Gefährdung oder beharrliche Wiederholung bestimmter Verstöße kann bis zu 1 Jahr Freiheitsstrafe (oder Geldstrafe) nach sich ziehen.
StGB §§ 222/229: Fahrlässige Tötung bzw. fahrlässige Körperverletzung – in der Praxis die zentralen Straftatbestände nach schweren Unfällen.
Leitfall: LG Osnabrück, 10 KLs 16/13 (2013)
Sachverhalt: In einem Glasbetrieb wurde aus „Produktivitätsgründen“ eine Lichtschranke (Hersteller-Schutzfunktion) an einer Glaskantenschleifmaschine außer Betrieb gesetzt. Ein 19-jähriger Auszubildender wurde tödlich verletzt.
Urteil: Zwei Geschäftsführer wurden wegen fahrlässiger Tötung zu je 6 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt; dazu hohe Geldauflagen. Auch weitere Verantwortliche erhielten Sanktionen.
Bedeutung: Das Urteil gilt als vielbeachtetes Beispiel dafür, dass manipulierte/abgeschaltete Schutzeinrichtungen strafrechtlich durchschlagen – persönlich gegen Leitung und weitere Funktionsträger.
Typische Konstellationen, die strafrechtlich relevant werden
Manipulation/Abschaltung von Schutzsystemen (z. B. Lichtschranken, Zweihandschaltungen): Organisations- oder Überwachungsverschulden, ggf. Vorsatznähe.
Systematische Missachtung von Gefährdungsbeurteilung/Unterweisung: fehlende Wirksamkeitskontrolle, keine Umsetzung von Maßnahmen. (Rechtsgrundlage ArbSchG.)
Arbeitszeitverstöße mit Gesundheitsgefährdung (seltener allein strafbewehrt; relevant v. a. in Tateinheit mit weiteren Delikten/Schäden).
Was Gerichte erwarten (klassische Linie)
Technische Schutzmaßnahme vor organisatorischer vor persönlicher – und nie außer Betrieb.
Gefährdungsbeurteilung als steuerndes Dokument mit Wirksamkeitskontrolle.
Unterweisung + Überwachung: dokumentiert; Verstöße werden geahndet (kein „Wegsehen“).
Diese Punkte sind seit Jahren gerichtsfest – am Osnabrück-Fall gut ablesbar.
Praxis-Check für Geschäftsführer und HSE-Leitung
Sofort umsetzen (Best Practice, „wie man es immer schon richtig gemacht hat“):
Null-Toleranz bei Schutzsystemen: Jeder Bypass, jede Manipulation ist ein „Stop“. Freigabe nur nach schriftlicher Gefährdungsbeurteilung und Herstellerfreigabe.
Gefährdungsbeurteilung leben: Aktualisieren bei Änderungen (Anlage, Prozess, Personal). Wirksamkeitskontrolle protokollieren.
Arbeitszeit im Blick: ArbZG-Compliance technisch absichern; Häufungen analysieren.
Häufige Irrtümer
„Die Maschine läuft seit Jahren so.“ – Historie schützt nicht vor Haftung.
„Die Mitarbeiter wollen das so, sonst stockt die Produktion.“ – Produktionsdruck rechtfertigt keine Abschaltung von Schutzfunktionen.
„Wir haben eine Plakette.“ – Ohne Wirksamkeitsnachweis (funktionierende Schutzmaßnahme im Betrieb) kein Schutz im Strafverfahren.
Fazit
Wer Schutztechnik außer Betrieb setzt, die Gefährdungsbeurteilung ignoriert oder Pflichten ohne Kontrolle „delegiert“, riskiert Strafbarkeit – bis hin zur Freiheitsstrafe (oft mit Bewährung, im Extremfall mehr). Der Osnabrück-Fall zeigt die Linie der Rechtsprechung klar auf: Sicherheit vor Produktion.
Wer wassergefährdende oder entzündbare Stoffe lagert/umfüllt, braucht mehr als „eine Wanne unter dem Fass“. Es geht um Schutzziele, klare Zuständigkeiten, saubere Bemessung – und vor allem um gelebte Eigenkontrolle. Dieser Artikel führt kompakt durch WHG vs. AwSV, WGK-Logik, Bemessungsregeln, Werkstoffwahl, Prüfpraxis, Dokumentation – mit konkreten, sofort nutzbaren Handlungspunkten.
1) WHG vs. AwSV – was regelt was?
WHG (Wasserhaushaltsgesetz) setzt das Schutzziel: Anlagen sind so zu planen/betreiben, dass keine nachteilige Gewässerveränderung zu besorgen ist.
AwSV (Anlagenverordnung) macht es verbindlich:
Rückhaltung/Entwässerung (flüssigkeitsundurchlässig, keine Abläufe),
Eigenkontrolle (Betreiberpflicht),
Sachverständigenprüfung (§ 47) nur für prüfpflichtige Anlagen (Anlage 5/6),
Gefährdungsstufen (A–D) als Basis für Anforderungen.
Merksatz: WHG = Was (Ziel). AwSV = Wie (Pflichten, Verfahren).
2) WGK – die drei Wassergefährdungsklassen
Die WGK ordnet Stoffe ein und beeinflusst Gefährdungsstufe, Prüfbedarf und Bemessung:
WGK
Bedeutung
1
schwach wassergefährdend
2
deutlich wassergefährdend
3
stark wassergefährdend
Praxis: Einstufung laut SDB/Hersteller; bei Gemischen Selbsteinstufung nach Methode – dokumentieren.
3) Wann ist eine Auffangwanne vorgeschrieben?
Immer dann, wenn bei Lagerung/Abfüllen flüssige wassergefährdende Medien freigesetzt werden können, brauchst du eine Rückhalteeinrichtung (Auffangwanne/-raum). Ausnahmen sind eng – feste Stoffe und gasförmige Medien folgen anderen Regeln. Für die konkrete Bauart gilt stets: flüssigkeitsundurchlässig, ohne Ablauf, bemessen nach freisetzbarer Menge.
4) Bemessung – wie groß muss die Wanne sein?
Standard für Fass-/Gebindelager (Transportbehälter bis 1 000 l), außerhalb von Schutzgebieten:
Gesamtvolumen (V_ges)
Rückhaltevolumen
≤ 100 m³
10 % von V_ges oder größtes Einzelgebinde (was größer ist)
> 100–≤ 1 000 m³
3 %, mind. 10 m³
> 1 000 m³
2 %, mind. 30 m³
Offen/unüberdacht? Zusätzlich Regenzuschlag (Richtwert: 50 l/m², Räumzeit 72 h; alle hinlaufenden Flächen berücksichtigen). Schutzgebiete: Behörden verlangen oft 100 % Rückhalt bzw. strengere Auflagen – Bescheid beachten.
Wöchentlich wirklich nötig? Ja. Eigene, kurze Sichtprüfung + Kurzprotokoll – das hält Gewässerschäden klein und Audits stressfrei.
BetrSichV – „befähigte Person“? Für Eigenkontrollen der Wannennicht gefordert (Auffangwanne ist kein Arbeitsmittel i. S. d. BetrSichV). Erforderlich: Sachkunde (AwSV/TRGS/abZ), gelebte Betriebsanweisung.
Kunststoff mit Weißstellen? Aussortieren (Funktionsbeeinträchtigung), nicht „reparieren“. Stahl: Instandsetzung Fachbetrieb + Dichtheitsprüfung.
13) Fazit
Rechtssichere Eigenkontrolle ist kein Hexenwerk: richtig bemessen, passenden Werkstoff wählen, wöchentlich kurz, jährlich/zweijährlich gründlich, Stop-Linien einhalten, alles dokumentieren. So bleiben Umwelt, Betrieb und Haftung stabil – und Audits entspannt.
Neue Kolleginnen und Kollegen in der Arbeitssicherheit stellen mir häufig dieselbe Frage: Muss ich Arbeitsmittel vor der ersten Verwendung prüfen lassen? Die ehrliche Antwort lautet: Ja – aber gezielt. § 14 der Betriebssicherheitsverordnung verlangt keine pauschale „Großabnahme“ für alles, sondern eine passende Prüfung je nach Anlass. Wer das Prinzip versteht, spart Aufwand, verhindert Doppelarbeit und bleibt rechtssicher.
Worum es bei § 14 wirklich geht
§ 14 setzt vier klare Auslöser: vor der erstmaligen Verwendung, wiederkehrend, nach Änderungen und nach außergewöhnlichen Ereignissen. Entscheidend ist immer die Gefährdungsbeurteilung: Sie bestimmt, ob geprüft wird, wie tief geprüft wird und in welchen Fristen. Die Dokumentation ist Pflicht – mit Art der Prüfung, Umfang, Ergebnis und Prüfer.
Vor der ersten Verwendung – nur wenn die Montage sicherheitsrelevant ist
Eine Prüfung vor Erstverwendung ist nur vorgeschrieben, wenn die Sicherheit vom Aufbau oder der Installation abhängt. Dann muss eine zur Prüfung befähigte Person vor Ort prüfen, ob die Montage vorschriftsmäßig erfolgt ist, die Funktion sicher ist und die getroffenen Schutzmaßnahmen wirken. Inhalte, die der Hersteller bereits im Konformitätsbewertungsverfahren geprüft und dokumentiert hat (CE, DoC, Prüfberichte), werden nicht noch einmal wiederholt. Wichtig: Nach jeder erneuten Montage ist vor der Inbetriebnahme wieder zu prüfen.
Wiederkehrende Prüfungen – wenn Einflüsse die Sicherheit angreifen
Arbeitsmittel, die Verschleiß, Korrosion, Verschmutzung, UV‑Alterung, Witterung oder längeren Stillstandszeiten ausgesetzt sind, müssen wiederkehrend geprüft werden. Die Fristen legt die Gefährdungsbeurteilung so fest, dass der sichere Betrieb bis zur nächsten Prüfung gewährleistet ist. Ergibt eine Prüfung, dass das bis zur nächsten Frist nicht möglich ist, wird die Prüffrist neu bestimmt.
Änderungen und außergewöhnliche Ereignisse
Sobald sicherheitsrelevante Änderungen vorgenommen werden – etwa eine neue Software mit Einfluss auf Schutzfunktionen, geänderte Antriebe oder eine Funktionserweiterung – ist vor der nächsten Verwendung eine außerordentliche Prüfung fällig. Dasselbe gilt nach außergewöhnlichen Ereignissen wie einem Unfall, Umstürzen, Anfahren, längerer Nichtverwendung oder Naturereignissen (z. B. Sturm, Überflutung, Blitzschlag). Weiterbetrieb erst nach bestandener Prüfung.
Besonders prüfpflichtige Arbeitsmittel und Fristenlogik
Für die in Anhang 3 genannten Arbeitsmittel sind umfassende Prüfungen vorgeschrieben: vor der ersten Inbetriebnahme, vor jeder Wiederinbetriebnahme nach prüfpflichtigen Änderungen und in wiederkehrenden Intervallen nach den dort genannten Vorgaben. Bei den Fälligkeiten gilt die Monats‑/Jahreslogik: Die nächste Frist beginnt mit dem Fälligkeitstermin der letzten Prüfung. Wird vorgezogen, startet die neue Frist mit Monat/Jahr der Durchführung; bei Prüffristen über zwei Jahren nur, wenn mehr als zwei Monate vor Fälligkeit geprüft wurde. Steht ein Arbeitsmittel zum Fälligkeitstermin außer Betrieb, darf es erst nach durchgeführter Prüfung wieder genutzt werden. Eine Prüfung gilt als fristgerecht, wenn sie spätestens zwei Monate nach Fälligkeit erfolgt. Diese Fälligkeitsregeln gelten nur für Arbeitsmittel nach Anhang 2 (Abschn. 2–4) und Anhang 3.
So entscheiden Sie in der Praxis
Die einfachste Denkreihenfolge lautet: Montageabhängigkeit – Einflüsse – Änderung – Ereignis. Ist die Sicherheit von der Montage abhängig, brauchen Sie vor Erstverwendung die Prüfung einer befähigten Person. Liegen schädigende Einflüsse vor, definieren Sie wiederkehrende Prüfungen mit passenden Fristen. Nach einer Änderung oder einem Ereignis veranlassen Sie eine außerordentliche Prüfung. In allen Fällen erstellen Sie eine klare Aufzeichnung und halten den Nachweis bei wechselnden Einsatzorten am Einsatzort bereit. Befähigte Personen arbeiten weisungsfrei; das ist so gewollt und schützt die Unabhängigkeit der Bewertung.
Beispiele, die jeder sofort einordnen kann
Büro: Eine neue Kaffeemaschine als gewöhnliches Steckgerät ist nicht montageabhängig. Hier genügt eine ordentliche Inbetriebnahme mit Sicht‑ und Funktionskontrolle sowie die organisatorischen Kontrollen im Betrieb; die große § 14‑Abnahme ist nicht erforderlich. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch, der vor Ort aufgebaut wird, ist dagegen montageabhängig: Standsicherheit, Endabschaltungen und Quetschschutz hängen vom Aufbau ab – deshalb Prüfung vor Erstverwendung durch eine befähigte Person. Mehrfachsteckdosen oder Bürodrucker sind in der Regel nicht montageabhängig; sie werden über die betrieblich festgelegten Kontrollen und – wo einschlägig – separate Fachregeln abgedeckt.
Baustelle: Der Baustromverteiler ist ein klassischer Fall von Montageabhängigkeit. Vor Erstverwendung und nach jeder erneuten Aufstellung wird geprüft, ob Aufbau und Funktion sicher sind und die Schutzmaßnahmen wirken. Ein fahrbares Gerüst fällt ebenfalls unter diese Logik: Nach der Montage oder Veränderung erfolgt die Prüfung, erst dann die Nutzung; im Betrieb folgen Sicht‑ und Funktionskontrollen. Anschlagmittel wie Ketten oder Schlingen sind nicht montageabhängig, unterliegen aber schädigenden Einflüssen wie Verschleiß – hier sind wiederkehrende Prüfungen Pflicht.
Lager: Eine Regalanlage ist ohne korrekte Montage nicht sicher. Vor der ersten Verwendung wird die vorschriftsmäßige Aufstellung einschließlich Verankerung geprüft; später folgen regelmäßige Kontrollen und Inspektionen gemäß Gefährdungsbeurteilung. Ein Flurförderzeug altert und verschleißt – daher liegen wiederkehrende Prüfungen nahe, ergänzt um die täglichen Kontrollen im Betrieb. Bei längerer Stillstandszeit des Lagers oder nach einem Anfahrschaden wird vor Wiederaufnahme des Betriebs außerordentlich geprüft.
Was nicht vergessen werden darf
Doppelte Prüfungen sind zu vermeiden. Was der Hersteller im Konformitätsbewertungsverfahren bereits geprüft und dokumentiert hat, wird nicht wiederholt. Vor Ort prüfen wir, was nur dort beurteilt werden kann: Montagezustand, reale Funktion und Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen. Dokumentation ist kein Beiwerk, sondern Teil der Sicherheit. Ohne nachvollziehbares Protokoll bleibt eine Plakette wertlos. Und: Fristen sauber pflegen. Arbeiten Sie mit Monat/Jahr, nutzen Sie die Zwei‑Monats‑Toleranz nur als Ausnahme und sperren Sie Arbeitsmittel, die zum Fälligkeitstermin nicht geprüft sind, bis das nachgeholt ist.
Fazit
§ 14 BetrSichV ist kein Bürokratiemonster, sondern ein praxisnahes Steuerungsinstrument. Wer Montageabhängigkeit, schädigende Einflüsse, Änderungen und Ereignisse systematisch bewertet, legt passende Prüfungen fest, verhindert Ausfälle und bleibt rechtssicher. So wird aus „Muss das jetzt wirklich geprüft werden?“ eine klare Entscheidung – schnell, begründet, dokumentiert.
1) Muss ein neu aufgestellter Baustromverteiler vor der ersten Verwendung geprüft werden? Ja. Seine Sicherheit hängt von Aufstellung und Anschluss ab. Vor der Freigabe prüft eine befähigte Person Montagezustand, Funktion und ob die Schutzmaßnahmen vor Ort tatsächlich wirken. Nach jeder erneuten Aufstellung gilt das wieder.
2) Reicht bei der Erstprüfung eine Sichtprüfung – oder brauche ich Messungen? § 14 verlangt keinen festen Messkatalog. Entscheidend ist, dass du Montage, sichere Funktion und Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen schlüssig nachweist. Wenn dazu Messungen nötig sind, setz sie ein; wenn eine eindeutige Funktionsprobe reicht, genügt sie. Doppelprüfungen vermeidest du, indem du Hersteller‑/CE‑Nachweise nicht erneut abprüfst.
3) Wer darf auf der Baustelle prüfen? Die „zur Prüfung befähigte Person“. Das ist jemand mit passender Berufsausbildung, Erfahrung und aktueller Tätigkeit auf dem Gebiet – fachlich weisungsfrei. Sie entscheidet, welche Prüftiefe vor Ort erforderlich ist, und dokumentiert das Ergebnis.
4) Fahrgerüst: Muss wirklich nach jeder Montage geprüft werden? Ja. Das Gerüst ist montageabhängig. Nach jeder Montage oder Änderung erfolgt die Prüfung durch eine befähigte Person. Im laufenden Betrieb organisierst du zusätzlich regelmäßige Sicht‑ und Funktionskontrollen.
5) Leitern und Tritte: Brauche ich eine Abnahme vor Erstverwendung? Nein. Leitern sind nicht montageabhängig. Trotzdem legst du wiederkehrende Prüfungen fest, weil auf Baustellen Verschleiß, Verformungen und beschädigte Holme auftreten. Häufige Nutzung und raue Umgebung verkürzen die Prüffristen.
6) Neu geliefertes Elektrowerkzeug (z. B. Bohrhammer): Erstprüfung nach § 14? Nicht als „große“ Abnahme. Du machst eine ordentliche Inbetriebnahme mit Sicht‑/Funktionscheck und organisierst im Betrieb regelmäßige Kontrollen. Die eigentliche Beurteilung, ob und wie gemessen wird, richtet sich nach deiner Gefährdungsbeurteilung und den einschlägigen Fachregeln außerhalb von § 14.
7) Anschlagmittel (Ketten, Schlingen, Traversen): Wie gehe ich vor? Vor Benutzung kontrollierst du Zustand und Kennzeichnung. Danach legst du wegen der schädigenden Einflüsse (Abrieb, Kerben, Korrosion) wiederkehrende Prüfungen durch eine befähigte Person fest. Ablegereife‑Kriterien gehören in deine Arbeitsanweisungen.
8) Krane, Hubarbeitsbühnen & Co.: Zählen die zu den „besonders prüfpflichtigen“ Arbeitsmitteln? Viele dieser Arbeitsmittel fallen unter die besonders prüfpflichtigen Kategorien aus Anhang 3. Dann gibt es eine umfassende Prüfung vor Erstinbetriebnahme, vor Wiederinbetriebnahme nach prüfpflichtiger Änderung und in festgelegten Intervallen. Höchstfristen dürfen nicht überschritten werden.
9) Software‑Update an einer Maschinensteuerung – ist das eine Änderung im Sinne von § 14? Wenn das Update Sicherheitsfunktionen, Grenzwerte oder das Schutzkonzept beeinflussen kann, ja. Dann ist vor der nächsten Verwendung eine außerordentliche Prüfung fällig. Gleiches gilt bei Antriebs‑ oder Komponentenwechsel oder beim Anbau neuer Einrichtungen.
10) Sturm, Überflutung, langer Stillstand – was dann? Außerordentlich prüfen, bevor weitergearbeitet wird. Naturereignisse, Umstürzen, Anfahren von Anlagen oder monatelange Nichtnutzung können Schutzfunktionen beeinträchtigen. Ohne dokumentierte Prüfung gibt es keine Freigabe.
11) Welche Prüffristen setze ich für die Baustelle? So, dass der sichere Betrieb bis zur nächsten Prüfung gewährleistet bleibt. Maßgeblich sind Beanspruchung, Umfeld und Nutzungshäufigkeit. Bei Arbeitsmitteln mit besonderen Pflichten hältst du die dort genannten Höchstfristen ein. Wenn eine Prüfung ergibt, dass es bis zur nächsten Frist nicht sicher reicht, verkürzt du die Frist.
12) Wie funktioniert die Fälligkeit mit Monat/Jahr und der „2‑Monats‑Toleranz“? Du führst Fälligkeiten immer als Monat/Jahr. Die neue Frist beginnt mit dem Fälligkeitstermin der letzten Prüfung. Eine Prüfung gilt noch als fristgerecht, wenn sie spätestens zwei Monate nach Fälligkeit durchgeführt wurde. Das ist eine Sicherheitslinie – kein Dauerpuffer.
13) Was dokumentiere ich mindestens? Art der Prüfung, Prüfumfang, Ergebnis sowie Name und Unterschrift der befähigten Person (elektronische Signatur möglich). Bei wechselnden Einsatzorten hältst du den Nachweis am Einsatzort bereit. Eine Plakette ohne Protokoll ist wertlos.
14) Reicht die CE‑Kennzeichnung als „Erstprüfung“? Nein. CE deckt die Hersteller‑Konformität ab. Vor Ort prüfst du das, was nur dort beurteilt werden kann: korrekte Montage, tatsächliche Funktion und Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen im konkreten Aufbau. CE‑Inhalte prüfst du nicht doppelt.
15) Brauche ich speziell kalibrierte Prüfmittel? Du setzt geeignete Hilfsmittel und – falls nötig – Messgeräte ein, die für die Aufgabe taugen und deren Zustand nachvollziehbar ist. Ziel ist eine belastbare Aussage zu Montage, Funktion und Wirksamkeit. Behalte Kalibrier‑ bzw. Funktionsnachweise deiner Messgeräte im Blick und dokumentiere, womit geprüft wurde.
Drei schnelle Baustellen‑Beispiele
Baustromverteiler im Neubau: Der Elektriker stellt um, neue RCD‑Schutzeinrichtungen werden eingesetzt. Vor Freigabe prüft eine befähigte Person den konkreten Aufbau, die Funktion der Schutzorgane und die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen. Erst dann werden die Steckdosen freigegeben.
Fahrgerüst eines Nachunternehmers: Das Team versetzt das Gerüst um zwei Achsen und ändert die Belaghöhe. Vor der Nutzung prüft die befähigte Person Montagezustand, Verankerung/Abstützung, Zugänge und Geländer – dokumentiert, freigegeben, danach tägliche Sichtkontrolle.
Anschlagkette für Kranhub: Im Einsatz fallen Kerben an einem Kettenglied auf. Das Anschlagmittel wird sofort ausgesondert, eine befähigte Person bewertet den Schaden. Parallel werden die Prüffristen in der Gefährdungsbeurteilung überprüft und ggf. verkürzt, weil die Beanspruchung höher ist als angenommen.
Praxisleitfaden für Sicherheitsfachkräfte und befähigte Personen
1) Worum geht’s eigentlich?
Bei Entsorgungs- und Bauprojekten kommen vor allem zwei Systeme zum Einsatz:
Absetzkipper: Das Fahrzeug hebt den Behälter an, setzt ihn ab und kippt ihn zum Entleeren.
Abrollsystem (Wechsellader): Hier wird der Behälter über Rollen auf- und abgeladen. Das System ist auf einheitliche Maße abgestimmt, damit die Behälter austauschbar bleiben.
Beide Systeme sind in Normen und DGUV-Informationen klar beschrieben. Für uns in der Praxis geht es vor allem darum: Unfälle vermeiden, Schäden erkennen und die Technik sicher beherrschen.
Befähigte Personen sind speziell ausgebildet und beauftragt, Behälter und Fahrzeuge zu prüfen.
Nachweise gehören dazu: Prüfprotokolle oder Prüfbücher sind Pflicht – nicht nur ein Aufkleber auf dem Behälter.
3) Worauf beim Behälter achten?
Jeder Behälter und jede Wechsellader-Einrichtung braucht ein Typschild mit Angaben zu Hersteller, Baujahr, Gewicht und zulässiger Last. Auch eine Betriebsanleitung mit Hinweisen zur Nutzung und Wartung muss vorhanden sein. Fehlt das Schild oder ist es unleserlich → sofort ein Mangel!
4) Acht Grundregeln im Betrieb
Nur passende Behälter und Geräte kombinieren.
Abstützen – auch auf festem Untergrund, besonders bei Schräglage.
Gefahrenbereich immer freihalten.
Warneinrichtungen im Fahrerhaus ernst nehmen.
Ladungssicherung mit Netzen/Planen von sicherem Standplatz.
Kettengehänge gegen Schwenken sichern.
Kippvorgang beobachten – Einrasten muss sichtbar sein.
Fahrzeuge und Kippeinrichtungen: mindestens einmal im Jahr prüfen.
Behälter: ebenfalls mindestens einmal jährlich – bei starker Nutzung auch öfter.
Nachweis: Prüfprotokoll aufbewahren und mitführen, wenn die Behälter unterwegs sind.
6) Typische Mängel
Risse an Schweißnähten oder Kipplagern
Verbogene Aufhängezapfen
Defekte Türen, Klappen oder Verschlüsse
Fehlende Zurrpunkte oder beschädigte Rollen
Unvollständiges oder fehlendes Fabrikschild
Wer solche Schäden übersieht, riskiert Unfälle und rechtliche Probleme.
7) Sonderfälle im Blick
Kranbare Absetzbehälter: gelten als Lastaufnahmemittel, brauchen klare CE-Kennzeichnung und geprüfte Anschlagpunkte.
Mobile Abfallpressen: fallen unter die Maschinenverordnung und haben eigene Anforderungen an Sicherheit und Unterweisung.
8) Kurzcheck vor jeder Aufnahme
Behälter äußerlich prüfen (Risse, Verformungen).
Kipplager und Zapfen kontrollieren.
Fabrikschild vorhanden?
Netz oder Plane richtig angebracht?
Seitenanschläge korrekt eingestellt?
Fahrzeug abgestützt?
Gefahrenbereich frei?
Einrasten beim Kippen beobachten.
Transportstellung sichern.
Praxis-Tipp
Wenn Kennzeichnung, Standsicherheit und Dokumentation stimmen, sind 90 % der Risiken abgedeckt. Den Rest bringt Erfahrung – und regelmäßige Schulung.
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Dieser Fachartikel richtet sich an Sifa, SiBe und Verantwortliche, die Arbeitsplätze im Freien sowie nicht allseits umschlossene Bereiche rechtssicher und praxistauglich steuern wollen. Mit Platzhalter für meinen kostenlosen Online‑Kurs ganz unten.
1) Rechtsrahmen – kurz, klar, verbindlich
Die ASR A5.1, Ausgabe August 2025, konkretisiert die ArbStättV für Arbeitsplätze im Freien und in nicht allseits umschlossenen Arbeitsstätten. Wer die ASR einhält, kann die Erfüllung der Verordnung grundsätzlich vermuteten – klassischer Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene. Der Geltungsbereich umfasst die Gefährdungsfaktoren natürliche UV‑Strahlung, Niederschlag, Windkräfte sowie Gewitter/Blitzschlag. Maßnahmen werden nach TOP‑Prinzip festgelegt, Unterweisungen sind Pflicht, Beschäftigte haben mitzuwirken (§ 15 ArbSchG).
Hitze und Kälte regelt die ASR inhaltlich über ASTA‑Empfehlungen (Stand 21.08.2025). Diese sind fachliche Leitplanken ohne Vermutungswirkung – in der Praxis bewährt und vom Ausschuss für Arbeitsstätten getragen.
2) Beurteilen – die maßgeblichen Schwellen und Quellen
UV‑Strahlung (natürlich): Maßstab ist der UV‑Index (UVI) mit den Klassen: 1–2 gering, 3–5 mittel, 6–7 hoch, 8–10 sehr hoch, ≥ 11 extrem. Ab UVI 3 sind Schutzmaßnahmen zu planen; ab UVI 8 sind personenbezogene Maßnahmen zwingend (z. B. Kleidung, Brille, Hautschutz). Aktuelle/Prognose‑Werte liefert BfS/DWD.
Niederschlag: Beurteilung qualitativ in Intensitätsstufen A/B/C (A: normal, B: potenziell gefährdend, C: sehr/extrem gefährlich, i. d. R. DWD‑Unwetterwarnung). Bei Stufe C: Tätigkeiten im Freien einstellen, sofern Risiken nicht technisch/organisatorisch beherrschbar sind.
Windkräfte: Bewertung phänomenologisch per Beaufort‑Skala und Zuordnung zu Intensitätsstufen I–III (I: starker–steifer Wind, II: stürmisch–schwerer Sturm, III: orkanartig/Orkan). Ab II/III klare Einsatzgrenzen und Schutzorganisation.
Gewitter/Blitzschlag: Kurzfristig, lokal. Verfahren: optisch‑akustisch (Zeitdifferenz Blitz/Donner; < 10 s ≙ < 3,4 km → sehr hohe Gefahr) oder Feldstärke‑Messung. Freigabe erst 30 Minuten nach letztem Donner. Schutzziel: rechtzeitig sichere Orte.
Hitze (ASTA): Vereinfachtes Verfahren über Beurteilungstemperatur (Lufttemp. + Korrekturen für Arbeit, Kleidung, Sonne, Schwüle, Wind). > 26 °C: Maßnahmen sollen, > 30 °C: müssen, > 35 °C: Arbeit ohne zusätzliche Maßnahmen ungeeignet (wie Hitzearbeit). Getränkebereitstellung ist oberhalb der Schwellen geregelt.
Kälte (ASTA): Leitgröße Lufttemperatur mit Windbezug. Stufe 1: +5 bis −5 °C, Stufe 2: −5 bis −20 °C (Exposition max. 2 h, ≥ 25 min Aufwärmen), Stufe 3: < −20 °C (max. 1 h, ≥ 60 min Aufwärmen; ab Bft 6max. 30 min). Ab Bft 3 jeweils die nächste Stufe berücksichtigen.
3) Maßnahmen – konservativ nach TOP, so wie es sich bewährt hat
Technisch (T): Verschattung (Einhausungen/Segel), Wetterschutzwände, sichere Orte mit Blitzschutz, Windschutz, Rutschhemmung/Winterdienst, klimatisierte/geschlossene Kabinen, Aufwärmräume, lokale Heizer/Matten, adiabate/ventilative Entwärmung.
Organisatorisch (O): Arbeitszeiten an Wetter anpassen (Morgen/Abend), Tätigkeiten/Lasten verteilen, Rotation Warm/Kalt bzw. Kühl/Heiß, Entwärmungs‑ und Aufwärmzeiten fest verankern, Warn‑ und Alarmwege, Alleinarbeit bei Stufe 3 Kälte vermeiden.
Personenbezogen (P): Kleidung nach 3‑Schichten‑Prinzip, Kopfschutz, Sonnenbrille/LSF 50+ ab UVI‑Schwellen, Getränke (100–150 ml alle 15–30 min bei Hitze), Verhalten anpassen, Symptome melden; bei Blitz Gefahr sofort sichere Orte aufsuchen.
4) Praxisbeispiele (klassische Einsatzlagen)
Sommer, UVI 8, 32 °C, pralle Sonne, Bft 3: Verschattung und Pausenräume kühlen, schwere Arbeiten in Morgenstunden, Getränke und Entwärmungsphasen verpflichtend, PSA: Kopfschutz/Nackenschutz, Sonnenbrille, LSF 50+. Beurteilungstemperatur über Korrekturwerte ermitteln und Maßnahmen gemäß Stufe ≥ 3 anordnen.
Winter, −10 °C, Bft 4:Kältestufe 2, wegen Wind Stufe 3‑Maßnahmen mitplanen; Exposition 1 h, ≥ 60 min Aufwärmen, Warmraum/Wechselkleidung bereitstellen; Alleinarbeit vermeiden.
Gewitter in Anmarsch: Warnung an alle, Tätigkeiten stoppen, sichere Orte (Gebäude mit innerem/äußerem Blitzschutz oder geschlossene Fahrzeuge/Kabinen) aufsuchen; Freigabe 30 Min. nach letztem Donner.
5) Unterweisung, Vorsorge, Dokumentation
Unterweisungen kombiniert (UV, Hitze, Kälte, Niederschlag, Wind/Blitz), klare Verhaltensregeln und Alarmierungen. AMR 13.3 bei intensiver UV‑Belastung prüfen. Mess‑/Wetter‑Protokolle führen, Entscheidungen dokumentieren, Prozesse jährlich nachschärfen.
Gilt die ASR A5.1 auch für halb offene Hallen? Ja. Nicht allseits umschlossene Arbeitsstätten fallen in den Anwendungsbereich; witterungsbedingte Einwirkungen sind wie im Freien zu beurteilen.
Ab wann muss ich bei UV handeln? Ab UVI 3 Maßnahmen planen; ab UVI 8 personenbezogene Maßnahmen sind Pflicht. Daten über BfS/DWD.
Welche Hitze‑Schwellen sind maßgeblich? > 26 °C sollen, > 30 °C müssen Maßnahmen umgesetzt werden; > 35 °C ist der Bereich ohne zusätzliche Maßnahmen ungeeignet (wie Hitzearbeit).
Wie lange darf bei strenger Kälte gearbeitet werden? Richtwerte: Stufe 2 max. 2 h + ≥ 25 min Aufwärmen; Stufe 3 max. 1 h + ≥ 60 min, bei Bft 6max. 30 min.
Wann darf ich nach einem Gewitter weiterarbeiten? Erst 30 Minuten nach dem letzten Donner – sichere Orte und Alarmwege sind vorab festzulegen.
Autor
Donato Muro – Sicherheitsingenieur (M. Eng.), Jurist (LL.M.), Fachwissenschaftler für Toxikologie. Praxisorientierter Arbeitsschutz mit klassischer, bewährter Methodik.
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