Praxis-Tipps für den Arbeitsweg – außerhalb des Chemieparks, im Betrieb und nach Feierabend
Dunkelheit, Nässe, Laub, Nebel, Kälte: Der Herbst ist da und stellt Pendlerinnen und Pendler vor besondere Herausforderungen. Als Sicherheitsingenieur habe ich die wichtigsten, praxiserprobten Empfehlungen gebündelt – für Auto, Fahrrad und Fußweg, für Werksgelände und Baustellen. So kommen Sie sicher zur Arbeit und wieder nach Hause.
1) Fahrzeug winterfit machen
Sehen und gesehen werden
- Licht-Check im Oktober/November: Scheinwerfer, Rücklichter, Nebellicht, Bremslicht – alles prüfen und korrekt einstellen lassen (der jährliche „Licht-Test“ wird vielerorts kostenlos angeboten).
- Abblendlicht früh einschalten: Lichtsensoren erkennen Nebel/Dieselicht oft zu spät.
- Scheiben & Wischer: Innen wie außen reinigen, Wischerblätter tauschen, Wischwasser mit Frostschutz befüllen (mind. –15 °C).
- Batterie & Technik: Batterie ist im Winter Pannenursache Nr. 1. Bei Startschwäche prüfen/ersetzen, Kühl- und Türdichtungen winterfest machen.
Freie Rundumsicht ist Pflicht
Vor Fahrtantritt alle Scheiben, Spiegel, Scheinwerfer und das Autodach von Eis/Schnee befreien. Innen beschlagene Scheiben mit Klimaanlage/Heizung entfeuchten. Gegen tiefstehende Sonne helfen saubere Scheiben und eine griffbereite Sonnenbrille.
Notfallausrüstung
Warnweste (geschlossen, mit Schulterreflex), Eiskratzer, Handschuhe, Decke, Taschenlampe, Starthilfekabel/Powerbank, etwas Streusand – klein, aber wirksam.
2) Winterreifen – warum sie Allwetterreifen übertreffen
- Gummimischung & Profil: Winterreifen bleiben bei Kälte elastisch und greifen mit Lamellen besser auf Schnee/Eis.
- „O bis O“-Regel: Von Oktober bis Ostern montieren. Unter ca. +7 °C lässt die Bremsleistung von Sommerreifen spürbar nach.
- Bremsweg: Auf Schnee sind Winterreifen deutlich im Vorteil; auf nassem Herbstlaub verlängert sich der Bremsweg drastisch – angepasste Geschwindigkeit ist unverzichtbar.
- Mindestprofil & Alter: Gesetzlich 1,6 mm, empfohlen ≥ 4 mm; nach ~6 Jahren härten Reifen aus.
- Kennzeichnung & Pflicht: Situative Winterreifenpflicht bei Glatteis, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte. Achten Sie auf das Alpine‑Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) – reine M+S‑Markierungen älterer Reifen reichen nicht mehr aus.
Kurzfazit: Allwetterreifen sind ein Kompromiss und nur bei milden Wintern eine Option. Wo es wirklich winterlich wird, sind Winterreifen die sichere Wahl.
3) Fahrweise an Wetter & Sicht anpassen
- Tempo runter, Abstand rauf: Mindestens 2 Sekunden, bei Nässe/Nebel mehr. Sanft lenken und bremsen; abrupte Manöver vermeiden.
- Nasses Laub = heimtückisch: Wirkt wie eine dünne Eisschicht. Geradeaus rollen lassen, keine starken Lenk-/Bremsimpulse.
- Nebel & Regen: Unter 50 m Sichtweite (Faustregel: Abstand zwischen Leitpfosten) maximal 50 km/h und Nebelschlussleuchte einschalten.
- Tiefstehende Sonne: Blendung einkalkulieren, Sonnenblende und Sonnenbrille nutzen, Windschutzscheibe sauber halten.
- Wildwechsel: Dämmerung = Risiko. Tempo reduzieren, abblenden, kontrolliert bremsen, hupen. Nicht riskant ausweichen – wo ein Tier ist, folgen oft weitere.
4) Sichtbarkeit zu Fuß & mit dem Rad – 360° statt „unsichtbar in Schwarz“
- Erkennbarkeit: In dunkler Kleidung wird man im Scheinwerferlicht oft erst ab ca. 25 m gesehen. Mit Warnweste (geschlossen, mit Schulterreflektoren) sind es > 130 m – das kann Leben retten.
- Warnkleidung nach EN ISO 20471: Helle, retroreflektierende Elemente an Vorne/Hinten/Seiten. Reflektorbänder an Armen & Beinen wirken besonders gut, weil Scheinwerfer die untere Körperhälfte anstrahlen.
- Fahrrad: Funktionierende Front-/Rückleuchte (ideal mit Standlicht), Reflektoren an Pedalen/Speichen, gut eingestellte Bremsen. Helm tragen – Glätte verzeiht nicht. Auffällige, helle Kleidung hilft, in Kreuzungssituationen rechtzeitig wahrgenommen zu werden.
5) Stürze vermeiden – vom Parkplatz bis zur Pforte
- Schuhe mit Profil: Rutschfeste Sohlen für den Außenweg; elegante Schuhe erst im Büro anziehen.
- Wege räumen & streuen: Laub, Schnee und Eis entfernen; statt Wasser geeignete Streumittel verwenden.
- „Pinguin‑Gang“ bei Glätte: Kleine Schritte, Körperschwerpunkt leicht nach vorn, ein Handlauf nutzen.
- Aufmerksam gehen: Blitzeis sieht man nicht, Laub kann Kanten/Stolperstellen verdecken. Kopfhörer leiser stellen, Regenschirm so halten, dass die Sicht frei bleibt.
6) Müdigkeit, Schichtarbeit & Kopf klar halten
Dunkelheit macht müde, und Müdigkeit macht Fehler. Ein kurzer Realitätscheck: Bei 100 km/h bedeuten 3 Sekunden Sekundenschlaf rund 83 Meter blindes Fahren.
- Anzeichen ernst nehmen: Brennende Augen, häufiges Gähnen, „Nick‑Momente“. Rechtzeitig Pause.
- Power‑Naps: 10–20 Minuten wirken Wunder (optional „Koffein‑Nap“: Kaffee vor dem Nickerchen).
- Zeitpuffer einplanen: Stress frisst Aufmerksamkeit. Besser 10 Minuten früher los.
- Licht am Morgen: Helles Licht aktiviert, abends eher gedimmt – das hilft dem Biorhythmus.
- Schichtwechsel: Wenn möglich, Fahrgemeinschaften mit wachem Fahrer oder ÖPNV nutzen.
7) Für Unternehmen & Führungskräfte: Jetzt aktiv werden
- Gefährdungsbeurteilung anpassen (ArbSchG § 5): Saisonale Risiken (Dunkelheit, Glätte, Werksverkehr) berücksichtigen.
- Unterweisen (DGUV Vorschrift 1): Kurze, zielgruppenspezifische Unterweisungen zu Fahrten im Nebel, Sichtbarkeit, Verhalten bei Wildwechsel und Sturzprävention.
- Winterdienst & Wege: Räum‑/Streuplan für Parkplätze, Wege, Außentreppen; Laubmanagement.
- Beleuchtung: Ausreichend und blendfrei – besonders auf Parkflächen, Wegen, Ladezonen.
- PSA/Warnkleidung: Warnwesten bzw. Warnschutzkleidung nach EN ISO 20471 bereitstellen und verbindlich nutzen lassen (geschlossen, mit Schulterreflex).
- Werksverkehr: Temporäre Geschwindigkeitsreduzierungen, rutschhemmende Matten, gut sichtbare Markierungen und zusätzliche Hinweisschilder in der dunklen Jahreszeit.
Checkliste „Winterfit“ (zum Mitnehmen)
Auto
- Winterreifen (≥ 4 mm, Alpine‑Symbol), Luftdruck geprüft
- Lichtanlage eingestellt, Abblendlicht früh an
- Wischerblätter ok, Scheiben/Spiegel sauber
- Batterie geprüft, Wischwasser mit Frostschutz
- Notfallausrüstung an Bord (Warnweste, Decke, Lampe, Eiskratzer, Kabel)
Fahrtaktik
- Mehr Abstand & geringeres Tempo bei Nässe/Nebel/Laub
- Nebel: Sicht < 50 m → max. 50 km/h + Nebelschlussleuchte
- Wildwechsel einkalkulieren, nicht riskant ausweichen
Zu Fuß & Rad
- Warnweste/Reflektoren rundum (auch an Armen/Beinen)
- Fahrradbeleuchtung, Reflektoren, Helm
- Rutschfestes Schuhwerk, „Pinguin‑Gang“ bei Glätte
Kopf klar
- Zeitpuffer eingeplant, Anzeichen von Müdigkeit ernst nehmen
- Kurzpause/Power‑Nap statt „Augen zu und durch“
Häufige Irrtümer – kurz entzaubert
- „Allwetterreifen reichen immer.“ Nur in milden Wintern. Bei Eis/Schnee haben Winterreifen klar die Nase vorn.
- „Automatiklicht regelt das schon.“ Nicht bei Nebel oder diffusem Zwielicht – Abblendlicht selbst einschalten.
- „Schwarzer Mantel ist schon okay.“ Sichtbarkeit schlägt Mode. Warnweste mit Schulterreflex macht den Unterschied.
Rechtlicher Hinweis
Dieser Beitrag bietet allgemeine Informationen zur Prävention und ersetzt keine rechtlich verbindliche Beratung. Maßgeblich sind u. a. StVO, ArbSchG, DGUV‑Vorschriften und einschlägige Normen (z. B. EN ISO 20471). Stand: Oktober 2025.
Weiterführende Angebote (für Betriebe & Teams)
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