Die VDI 2290 beschreibt, wie die technische Dichtheit von Flanschverbindungen ausgelegt, montiert und dokumentiert wird. Im Mittelpunkt steht die Emissionsminderung nach TA Luft. Die Ausgabe 2012 adressiert metallische Flansche nach EN 1092-1 bis -4 und wird in Behörden- und Auditpraxis als anerkannte Regel der Technik herangezogen. Für Betreiber bedeutet das: Flanschverbindungen müssen so geplant und nachgewiesen werden, dass sie im Betrieb die geforderte Dichtheitsklasse erreichen.
Rechtlicher Rahmen: TA Luft 2021, Nummer 5.2.6.3
Die TA Luft 2021 verlangt, dass Flanschverbindungen nur dort eingesetzt werden, wo sie verfahrenstechnisch oder sicherheitstechnisch erforderlich sind, und dass sie technisch dicht sind. Maßgeblich ist die Dichtheitsklasse L 0,01 mit einem Grenzwert von maximal 0,01 mg pro Sekunde und Meter Umfang, üblicherweise geprüft mit Helium oder einem gleichwertigen Medium. Für den Nachweis akzeptiert die Vollzugspraxis sowohl eine rechnerische Auslegung als auch einen gleichwertigen typbasierten Bauteilversuch. Entscheidend ist die Nachvollziehbarkeit: Anforderungen, Auslegung, Montage und Qualitätssicherung müssen schlüssig dokumentiert sein.
Inhaltlich-technischer Fokus der VDI 2290
Die Richtlinie betrachtet die Dichtfunktion als Zusammenspiel von Flansch, Dichtung und Schraubverbindung. Sie formuliert Anforderungen an Auslegung, Montageprozesse und Qualitätssicherung, damit die Ziel-Dichtheit im realen Betrieb erreicht wird. Kompakt- oder bolzenlose Verbindungen werden nicht behandelt. In der Praxis hat sich eingebürgert, die VDI 2290 zusammen mit den Normen EN 1591-1 (Berechnung), EN 13555 (Dichtungskennwerte) und EN 1591-4 (Montagequalifikation) anzuwenden. So entstehen konsistente Nachweise, die sowohl betrieblich belastbar als auch behördensicher sind.
Nachweisführung ohne Umwege
Der rechnerische Dichtheitsnachweis nach EN 1591-1 setzt prüfstandsbasierte Dichtungskennwerte nach EN 13555 voraus. Diese Parameter – etwa Qmin(L), Qsmax, PQR oder der Kompressionsmodul – beschreiben das Dichtungsverhalten unter Belastung und bilden die Grundlage für die Ermittlung der notwendigen Schraubkräfte und Montage- bzw. Drehmomente. Fehlen belastbare Kennwerte, kann ein typbasierter Bauteilversuch die Gleichwertigkeit belegen, zum Beispiel über Helium-Lecktests oder Spülgasmessungen unter repräsentativen Lastfällen. Beide Wege sind zulässig, sofern die Prüf- oder Berechnungsbedingungen technisch sauber gewählt und vollständig dokumentiert sind.
Montagekompetenz als Schlüsselfaktor
Selbst die beste Berechnung scheitert, wenn die Montage nicht reproduzierbar umgesetzt wird. In kritischen Anwendungen hat sich die Qualifizierung des Montagepersonals nach EN 1591-4 bewährt. Dazu gehören klar definierte Arbeitsschritte von der Vorbereitung über die Ausrichtung bis zum kontrollierten Anziehen, Vorgaben zu Schmierstoffen und Reibwerten, die Verifikation der erreichten Schraubenvorspannung sowie eine eindeutige Kennzeichnung und Protokollierung. Dieser organisatorische Rahmen ist integraler Bestandteil eines TA-Luft-konformen Dichtheitsnachweises.
Umsetzung im Betrieb – von der Anforderung bis zur Dokumentation
Am Anfang steht eine saubere Anforderungsaufnahme mit Medium, Temperatur, Druck, Lastfällen (An- und Abfahren, Abkühlung, Druckwechsel), Nennweiten, Werkstoffen, Dichtflächenqualitäten und Reibwerten. Daraus folgt die Auslegung über EN 1591-1 mit EN-13555-Kennwerten oder die Planung eines Bauteilversuchs, wenn Kennwerte fehlen oder Grenzfälle abgesichert werden sollen. Aus der Auslegung leiten sich Montageparameter und Prüfkonzepte ab. Im Betrieb werden Leckagekontrollen, Wiederanzüge nach Temperierung und Zustandsüberwachungen definiert. Abschließend werden alle Schritte in einem revisionssicheren Nachweis zusammengeführt: Berechnungs- oder Prüfberichte, Datenblätter der Komponenten, Montage- und QS-Protokolle, Kennzeichnungen und Freigaben.
Häufige Fehler und wie man sie vermeidet
In Audits fallen regelmäßig dieselben Schwachstellen auf: pauschale „Pi-mal-Daumen“-Drehmomente ohne Bezug zu EN 1591-1, fehlende oder ungeeignete EN-13555-Kennwerte, unqualifizierte Montageprozesse ohne Reibwert- und Schmierstofffestlegung und lückenhafte Dokumentation. Wer diese Punkte konsequent adressiert, erreicht die Dichtheitsklasse L 0,01 im Betrieb deutlich zuverlässiger und reduziert Emissionen ebenso wie Instandhaltungsaufwand.
Ausblick: Entwurfsstand VDI 2290 (05/2024)
Ein neuer Richtlinienentwurf aus Mai 2024 erweitert den Anwendungsbereich unter anderem auf Flanschverbindungen im Kraftnebenschluss. Bis zur Veröffentlichung einer neuen Ausgabe bleibt die Fassung von 2012 maßgeblich. Betreiber sollten die Entwicklungen beobachten, da die Nachweis- und Montageanforderungen künftig noch eindeutiger formuliert sein dürften.
Subtile Empfehlung: Schulung und Umsetzung aus einer Hand
Wenn Sie die Anforderungen der VDI 2290 und der TA Luft 2021 ohne Umwege, praxisnah und auditfest umsetzen möchten, lohnt ein Blick in unsere kompakte Flanschenschulung. Dort führen wir Schritt für Schritt durch Anforderungsaufnahme, Dichtheitsnachweis per EN 1591-1 mit EN-13555-Kennwerten oder per Bauteilversuch, Montage-QS nach EN 1591-4 sowie die vollständige Dokumentation. Informationen und Termine finden Sie unter https://sicherheitsingenieur.nrw/flanschenschulung/
Stand: August 2025. Dieser Fachartikel ersetzt keine Rechtsberatung; maßgeblich sind TA Luft sowie die zitierten Normen und Richtlinien.