1      Einleitung

Die Relevanz von Sicherheit am Arbeitsplatz zeigt sich heute in vielen unterschiedlichen Regelungen und Vorschriften. Das Spektrum reicht hier vom Arbeitsschutzgesetz über die Unfallverhütungsvorschriften bis hin zu DIN und ISO- Normen, deren Einhaltung der Gewährleitung der Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit dient. Dabei bedenken diese vor allem diejenigen Gefahren, die ein Risiko für die Mitarbeiter darstellen, d.h. der im Arbeitsumfeld handelnden Personen.

Neben dieser Perspektive erlaubt die Disziplin der Human Factors aus der Arbeits- und Organisationspsychologie eine Betrachtung aus einer anderen Sichtweise: welches Risiko kann durch die handelnde Person entstehen? Die bisherige Forschung untersucht dabei diejenigen Fehlerursachen, die sowohl extern als auch in der Person des Handelnden zu finden sein können besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Forschung aus der Luftfahrt und der Medizin. Da die hier auftretenden Fehler zu lebensbedrohlichen Folgen führen können, wurde schon früh versucht, Modelle zu entwickeln, die einer Verwirklichung des Risikos entgegenwirken können. Es hat sich hierbei bereits früh gezeigt, dass die Etablierung einer Saftey Culture im Unternehmen oder beim Personal vor allem eines voraussetzt: eine gut strukturierte und gesunde Kommunikation.

Die vorliegende Hausarbeit soll den Begriff Human Factors definieren und in den arbeits- und organisationspsychologischen Kontext einordnen und die Ziele der Forschung definiert werden. Weiter soll erläutert werden, welche Fehlerursachen beim Mensch zu finden sind und ob es sich dabei um externe oder interne Faktoren handelt. Gleichzeitig soll dabei das die Schnittstelle zwischen Mensch und Technik sowie die Interaktion dieser beiden Elemente näher beschrieben werden.

Anknüpfend an die Tatsache, dass Kommunikation ein wesentliches Element zur Risikominimierung darstellt, wird im späteren Verlauf auf ihre Funktion und ihre Mechanismen eingegangen.

Mithilfe der in der Luftfahrt entwickelten Crew Ressource Management Methode sollen daran anschließend Mechanismen der Kommunikation aus der Human Factors Forschung gezeigt werden, die risikominimierend wirken.

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2      Human Factors als wissenschaftliche Disziplin

Um den Begriff des Human Factors definieren und eindeutig begreifen zu können, ist zunächst eine Einordnung in den wissenschaftlichen Kontext erforderlich. Weiterhin soll anschließend das Ziel der Disziplin konkretisiert werden.

2.1    Human Factors als Teil der Arbeits- und Organisationspsychologie

Um Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden, wurde lange Zeit innerhalb der Industrie versucht, Risiken, die im Arbeitsumfeld durch Maschinen oder Technik verursacht werden konnten, mithilfe von technisch kontrollierenden Schutzmaßnahmen zu minimieren. Mit der fortschreitenden technischen Entwicklung in Kombination mit einer darüber hinaus immer anspruchsvoller werdenden Digitalisierung ließ sich jedoch erkennen, dass der Mensch selbst nur in begrenztem Maße zur Minimierung beiträgt und eher den bislang größten Risikofaktor darstellt. So zeigte sich, dass allein in der Luftfahrt mehr als 70 % der Unfallursachen auf den Menschen zurückzuführen sind (Giesa & Timpe, 2000). Die Arbeits- und Organisationspsychologie hat die Aufgabe, Arbeit und Organisation im Bereich der Erwerbstätigkeit zu analysieren und methodisch zu optimieren. Nach Badke-Schaub, Hofinger und Lauche (2008) bezieht sich die Arbeits- und Organisationspsychologie auf „die Beschreibung, Erklärung und Vorhersage des Erlebens und Handelns von Menschen bei der Ausführung seiner Tätigkeiten“ (Seite 8). Im Mittelpunkt steht demnach der Mensch und sämtliche Faktoren, die als innere und äußere Einflüsse den Arbeitsablauf beeinflussen können. Dabei stehen auf der Seite der Organisationspsychologie eher Rahmenbedingungen und an das Kollektiv gerichtete Faktoren wie Führung und Teamarbeit im Vordergrund, während die Arbeitspsychologie Aspekte wie Motivation und Belastung des Einzelnen fokussiert. Sie analysiert demnach die komplexen Ereignisse innerhalb der Interaktion zwischen Arbeit und Mensch (Wiendieck, 2019).

Die Disziplin des „Human Factor“ widmet sich intensiv dieser Analyse und versucht methodisch, äußere und innere Faktoren zu erkennen, die die Handlung des Menschen im Kontext seiner Erwerbstätigkeit beeinflussen. Badke- Schaub, Hofinger und Lauche (2008) definieren Human Factors demnach wie folgt:

Die menschlichen Faktoren (Human Factors) sind alle psychischen, physischen und sozialen Charakteristika des Menschen, insofern sie das Handeln in und mit soziotechnischen Systemen beeinflussen oder von diesen beeinflusst werden. (Seite 4)

Die Definition ist sehr weit gefasst, so dass eine Eingrenzung nötig ist, um methodisch Human Factors analysieren zu können. Sie zeigt, dass sich die Disziplin auf zwei Ebenen mit Einflüssen befasst: Es geht hierbei sowohl um Einflüsse des Menschen auf Systeme als auch um Einflüsse der Systeme auf den Menschen als Individuum oder in der Gruppe, wobei der Begriff Systeme sämtliche Umstände umfasst, die eine Wirkung auslösen können oder selbst wirken (Hinsch, Olthoff, 2019). Hier zeigt sich auch die Notwendigkeit einer interdisziplinären Betrachtung. Human Factors finden überall statt – die Risiken im Bereich der Erwerbstätigkeit gestalten sich jedoch spezifisch und konkret, so dass unterschiedliche Ausprägungen und Auswirkungen auf die Interaktion zwischen Mensch und System Berücksichtigung finden müssen. So bedient sich die Wissenschaft der Human Factors Erkenntnisse aus der Psychologie, Ingenieurwissenschaften, Betriebswirtschaft, Pädagogik, aber auch Rahmenbedingungen wie der Rechtswissenschaft (Badke-Schaub et al., 2008). Die Komplexität von Human Factors zeigt sich in der interdisziplinären, multidimensionalen und stets dynamisch gestalteten Interaktion zwischen Mensch, Technik und Arbeit. Hierbei stehen sich zwei Ansätze gegenüber: Die Anpassung des Menschen an die Arbeit sowie die Anpassung der Arbeit an den Menschen (Zapf, 1989, Seite 30). Dabei müssen Human Factors, wie erwähnt, aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden um sie methodisch zu adressieren. Damit ist eine Klassifizierung ihrer notwendig.

Nach Hinsch et al. lassen sich Human Factors demnach vor allem in zwei Kategorien einteilen: Human Factors im persönlichen Umfeld sowie im sozialen Umfeld (Hinsch et al., 2019). Verbildlicht lassen diese sich wie folgt darstellen:

1.1    Ziel der Disziplin Human Factors

Bei Human Factors geht es nicht nur um den Erkenntnisgewinn darüber, welche Faktoren sich positiv oder negativ auf die Arbeitshandlung des Einzelnen oder einer Gruppe auswirken können. Vielmehr hat die Disziplin die Aufgabe auf der Grundlage dieser Informationen Methoden zu entwickeln, die es ermöglichen sollen, Schwächen und Fehler des Menschen zu minimieren, gleichzeitig Stärken zu fördern und damit den Eintritt von Risiken zu verhindern. Die Wissenschaft sieht den Mensch dabei als Ressource, die optimiert werden kann. Badke- Schaub et al. sehen den Zweck der Forschung und Anwendung darin, „negative Folgen der Interaktion Mensch und Technik zu vermeiden bzw. zu vermindern und so das Wohlbefinden der Handelnden zu gewährleisten und die Sicherheit sowie die Funktionsfähigkeit des Systems zu verbessern“ (Seite 7).

Ziel von Human Factors ist demnach die Optimierung der Ressource Mensch, sowie die Optimierung des Prozesses der Interaktion zwischen ihm und die ihn umgebenden Systeme Arbeit und Technik. Nach dieser Betrachtungsweise werden aus Human Factors in der risikominimierenden Analyse Human Errors. Auf diesen Begriff wird in Kapitel 3 der Arbeit näher eingegangen.

Abbildung 2: Die Interaktion der Elemente der Human Factors, Quelle: eigene Darstellung

In der Analyse der Human Factors als risikogestaltende Ressource finden demnach folgende Kernelemente Berücksichtigung:

  • Erkennen menschlicher Stärken und Schwächen
  • Erkennen menschlicher Fähigkeiten und Belastungsgrenzen
  • Erkennen menschlicher Fehler
  • Zwischenmenschliche Faktoren wie Kommunikation und Teamwork
  • Arbeitsumfeld

Ziel der Analyse sollte nach Hinsch (2010) sein:

  • Das Arbeitsumfeld an den Menschen anzupassen
  • eine transparente Verteilung der Aufgaben zwischen den Mitarbeitern und auch zwischen Mensch und Technik
  • die klare Identifikation von Risiken an den Schnittstellen zwischen Mensch und Technik und Schaffung eines Bewusstseins beim Menschen für diese
  • Bewusstsein für menschliches (Fehl-) Verhalten entwickeln
  • Bewusstsein für menschliche Schwächen entwickeln
  • Hinterfragen der eigenen Handlungen

Die genannten Merkmale, die hier ein Zusammenspiel bilden und sich letztendlich in der konkreten Handlung des Menschen realisieren, sind für sich betrachtet wesentlich detaillierter zu beschreiben. Als Beispiel seien hier die persönlichen Merkmale genannt, die u.a. aus Verantwortungsbewusstsein, Motivation aber auch Stress und Unterforderung bestehen können (Hinsch et al., 2019). Auf diese soll jedoch im Rahmen dieser Hausarbeit nicht näher eingegangen werden.

Im weiteren Verlauf der Arbeit sollen nun die menschlichen Fehler als Human Factors beschrieben werden um anschließend auf ausgewählte Methoden zur Minimierung der Fehlerquellen einzugehen. Von diesen Methoden soll später der Bereich der Kommunikation näher dargelegt werden.

3 Human Factors als Ursache von Vor- und Unfällen

Wie bereits erwähnt, zählen menschliche Fehler zu den häufigsten Ursachen von Unfällen im Arbeitsumfeld und damit zum größten Sicherheitsrisiko. Insbesondere im Bereich der Luftfahrt und der Medizin haben die Erkenntnisse der Forschung immer mehr an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt dadurch, dass hier Menschen besonders aktiv im Bereich der körperlichen Unversehrtheit anderer Personen tätig sind und Fehler lebensbedrohlich sind. Um die Wirkung eines Human Factors im Sinne der Risikominimierung zu beschreiben, sollen zunächst die Begriffe Unfall, Zwischenfall und minimales Ereignis näher erläutert werden. Hierzu wird auf die Definitionen von Badke et al. (2008, Seite 44) zurückgegriffen:

  • Ein Unfall beschreibt ein Ereignis, welches zu einem Schaden führt
  • Ein Zwischenfall ist ein Ereignis, bei dem ein Fehler vorliegt, jedoch kein größerer Schaden eingetreten ist
  • Ein minimales Ereignis beschreibt eine kleine Abweichung von einem Prozess, die schnell korrigiert werden kann

Die genannten Ereignisse finden ihre Ursache grundsätzlich in Fehlern, die entweder technisch bedingt sind oder aufgrund von menschlichem Fehlverhalten passieren. In der Folge gilt es zu definieren, was als menschlicher Fehler zu qualifizieren ist. Weiterhin wird auf das sog. Dirty Dozen eingegangen. Hierbei handelt es sich um Erkenntnisse aus der Luftfahrt, bei der durch Datenerhebung die 12 häufigsten Ursachen für menschliche Fehler zusammengefasst wurden. Das Schweizer- Käse- Modell wiederum beschreibt den kausalen Zusammenhang zwischen der Fehlerqualifizierung und ihrer Realisierung bis hin zum Ereignis.

3.1    Der menschliche Fehler – Human Errors

Aus Sicht der Human Factors Forschung kann die Ursache für menschliche Fehler auf zwei Ebenen gefunden werden, innerhalb oder außerhalb der Person (Badke et al., 2008). Es muss grundsätzlich nicht nur gefragt werden, an welcher Stelle der Mensch einen Fehler gemacht hat, sondern auch warum er ihn gemacht hat. Ursachen außerhalb der handelnden Person sind vor allem auf die Organisation, das Arbeitsumfeld, die Aufgabe und das Team zurückzuführen (Badke et al, 2008). Fehlerursachen innerhalb der handelnden Person sind weitaus komplexer und umfassen nach Badke et al. 3 Ebenen:

  • Physiologische und biologische Faktoren
  • individuelles Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten
  • Mechanismen der menschlichen Informationsverarbeitung und Motivationsregulation

Die Ebenen zeigen, dass sich hier kaum Bereiche finden lassen, die voneinander abgrenzbar sind und im Kollektiv untersucht und adressiert werden können. Vielmehr gehen die einzelnen Aspekte ineinander über und variieren stark. Es ist demnach erforderlich, grundsätzlich alle Ebenen zu berücksichtigen und auch hier ihre Interaktion zu untersuchen. Insbesondere der soziale und emotionale Einfluss auf den Menschen begründet eine Unberechenbarkeit, die wissenschaftlich kaum zu greifen ist. Diese Komplexität führt auch hier wieder zur Relevanz der Branchenspezifikation, wenn es um die Forschung der Human Factors geht.

Als Rahmenbedingungen in der Fehlerforschung setzt ein Fehler, d.h. eine Handlung oder ein Unterlassen, die zu einer Abweichung von einem Plan führt, grundsätzlich nach Higham und Vincent (2020) voraus:

  • Der Fehler war weder durch die Regeln noch durch externe Beobachter erwünscht, d.h. es muss ein Regelwerk vorliegen, dass einen Fehler erst als einen solchen qualifizieren kann,
  • Die ursprüngliche Aufgabe fand nicht innerhalb akzeptierter Parameter statt, d.h. eine grundsätzliche Abweichung muss vorliegen
  • Der Fehler war durch den Handelnden nicht beabsichtigt, d.h. die handelnde Person hätte auch anders handeln können

Die Fehlerforschung widmet sich seit Jahrzehnten der Klassifizierung von Fehlern. Hieraus haben sich inzwischen unterschiedliche Ansätze entwickelt. Insgesamt lassen sich menschliche Fehlerursachen, die innerhalb der Person selbst liegen, in körperliche und psychische Ursachen unterteilen. Zu den psychischen Ursachen zählen dabei:

  • Angst
  • Mangelnde Konzentration
  • Mangelndes Reaktionsvermögen
  • Unzureichendes Sicherheitsbewusstsein
  • Leichtsinn
  • Lustlosigkeit
  • Missachtung der gängigen Praxis, Machtgefühl
  • Stress oder Überforderung
  • Fehlende Kenntnisse und Fähigkeiten
  • Selbstüberschätzung

Körperliche Ursachen zeigen sich hingegen bei:

  • Übermüdung /Erschöpfung
  • Verletzung / Krankheit
  • Einfluss berauschender Mittel oder beeinträchtigender Substanzen

Die bislang gewonnenen Erkenntnisse der Human Factors Forschung zeigen sich vor allem anhand von zwei Modellen. Von besonderer Bedeutung ist hier der Ansatz von James Reason als „Schweizer-Käse-Modell“, welches eine Differenzierung zwischen latenten und aktiven Fehlerursachen vornimmt und eine Fehlerverkettung aufzeigt. Weiterhin bezeichnend ist die aus der Luftfahrtforschung bekannte Klassifizierung der Dirty Dozen als Fehlerursache beim Menschen und die daraus resultierende Crew Ressource Management Methode.

3.2    The Dirty Dozen

The Dirty Dozen ist ein Begriff aus der Luftfahrtforschung und bezeichnet die 12 häufigsten Einflüsse, die als Ursachen für menschliche Fehler betrachtet werden können. Hierbei handelt es sich zwar um ein sehr branchenspezifisches Modell, dennoch kann es aufgrund des Umfangs der Datenerhebung und seiner langen Historie auch auf andere Bereiche übertragen werden.

Der Ursprung dieser Forschung findet sich in den 1970er Jahren als der Kanadier Gordon Dupont, Mitarbeiter der dortigen Luftfahrtbehörde, die häufigsten Fehler in der Luftfahrt untersuchte und zusammenfasste. Sein Ziel war es, diese Fehlerquellen zu minimieren und damit insgesamt quantitativ zu einer Verminderung des Risikos beizutragen (Hinsch&Olthoff, 2019). Laut Hinsch (2010) konzentrierte sich die Forschung dabei zunächst nur auf den Flugbetrieb, jedoch stellte man später fest, dass auch der Eintritt von Risiken in der Entwicklung, Herstellung und Instandhaltung durch ein Augenmerk auf Human Factors minimiert oder verhindert werden kann. Die Luftfahrt setzte sich auch in den folgenden Jahrzehnten intensiv mit Human Factors auseinander und modifizierte die Anwendung dynamisch zu den weiter gewonnenen Erkenntnissen (Hinsch, 2010). Die folgende Tabelle zeigt die einzelnen Merkmale der Dirty Dozen mit einer kurzen Beschreibung des Begriffs. Daneben werden die hieraus entstehenden Risiken genannt sowie Methoden, um dem jeweiligen Element risikomindernd entgegenzuwirken:

Tabelle 1: Dirty Dozen und Maßnahmen zur Minimierung, Quelle: eigene Darstellung in Anlehung an: Hinsch 2010 und Hinsch et al. 2019

Faktor aus Dirty DozenErläuterungEntstehendes       RisikoMaßnahmen zur Minimierung
Mangel an KommunikationAustausch von Informationen aber auch personenbezogenen Umständen auf allen hierarchischen Ebenen führt Transparenz, die für gemeinsames Arbeiten erforderlich istMangelnde oder fehlerhafte Kommunikation führt zu Informationsmängeln beim Einzelnen und im Team, welches zu fehlerhaften Entscheidungen und Frustration führen kannErkennen der Ursachen fehlerhafter Kommunikation, bessere Einschätzung des Gegenübers, detaillierte Kommunikation mit der „K’s“ korrekt, klar und komplett, zielbezogene und umfangreiche Ansprache
Mangel an TeamworkKooperation, d.h. gegenseitige Unterstützung und Gruppenverantwortung, d.h. Erreichen eines gemeinsamen ZielsFehlendes gemeinsames Teamverständnis führt zu fehlendem Zielverständnis und damit zu Nichterfüllung des ZielsFörderung der Reflexionsfähigkeit des Einzelnen und des gemeinsamen Zielverständnisses unter Führung eines Teamleiters, Stärkung des Einzelnen zur Stärkung des Teams
Mangel an AufmerksamkeitFehlendes ProblembewusstseinHandelnder unterschätzt eigene Tätigkeit und Auswirkungen seines HandelnsThematisierung von Risiken im Arbeitsumfeld, Erhöhung der Aufmerksamkeit durch Checklisten
StressDurch negative Reize verursachter BelastungszustandSenkung der Aufmerksamkeit und der kognitiven Leistung, Begünstigt alle anderen Human FactorsAnerkennung und Kommunikation des eigenen Zustandes, Identifizierung der Stress verursachenden Reize, Minimierung dieser, Unterstützung durch andere Personen, Aneignung stressreduzierender Routinen
Mangel an RessourcenSchlechte Betriebsmittel, alte MaschinenUnfähigkeit des Menschen mit veralteten Ressourcen umzugehenGute Planung der Ressourcen und ihrer Beschaffenheit, zudem realistische Einschätzung der Lage
Ermüdung und ErschöpfungÜbermüdung, ÜberarbeitungKörperliche Erschöpfung führt zu Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten, Gefahr der chronischen Erschöpfung und damit Ausfall über längeren ZeitraumAnerkennung und Kommunikation des Erschöpfungszustandes, Vermeidung monotoner Tätigkeiten, langfristig ausgewogene Verhaltensweisen und Routinen wie regelmäßiger Schlaf
Soziale NormenAnerkannte Verhaltensmuster ohne rechtlichen Charakter, die erwartete Handlungsweisen festlegen, z.B. auch ComplianceSoziale Normen können auch schlecht sein, z.B. durch fehlende Akzeptanz einer Fehlerkultur, Dominanz durch die Normen des VorgesetztenVerschriftlichung von Verfahrensweisen, Thematisierung schlechter Normen
DruckPsychische Belastungsfaktoren wie Zeitmangel, hohe Verantwortung, Befürchtung von SanktionierungPriorisierung des den Druck verursachenden Faktors, dadurch fehlender Fokus auf die AufgabeRegelmäßige Time-Outs, Bewusstsein für (wirtschaftliche) Folgen des Nacharbeitens schaffen
Mangel an Können und WissenDefizite in Fachkenntnisse, kein Training auf dem GebietUnkenntnis führt zu mangelhafter Ausführung der TätigkeitenWeiterbildung, Hilfe von Kolleg:innen, Pflicht der Führungskräfte Wissensmängel im Team zu beseitigen
Fehlende DurchsetzungsfähigkeitFähigkeit, in kritischen Situationen auf Missstände aufmerksam zu machen und eigene Entscheidungen umzusetzenRisiko, rechthaberisch zu wirken, führt zu Verschwiegenheit auch in kritischen Situationen, insbesondere im Rahmen von GruppenzwangKlare, konkrete und höfliche Kommunikation des Anliegens, Vorbildfunktion durch eigene Umsetzung der Vorschläge
SelbstgefälligkeitRoutiniertes Handeln bedarf keiner Aufmerksamkeit, gleichzeitig Indiz für übersteigertes Selbstbewusstsein oder mangelnde KenntnisStark automatisierte Handlungen, kein Fokus auf Ziel oder Tätigkeit, Ausführung „nebensächlich“, fehlende ErnsthaftigkeitSchärfen des eigenen Fokus durch Abarbeiten von Checklisten, ggf. Überprüfung durch andere Personen
AblenkungStörung der Fokussierung durch externe oder interne Faktoren wie Telefonanrufe oder private SorgenUnvollständige und unkonzentrierte Erledigung der AufgabenAnschließende Prüfung der eigenen Tätigkeit, Risikobewusstsein für eigene Handlung entwickeln

Insgesamt ist zu beachten, dass sämtliche Maßnahmen auch voraussetzen, dass der Einzelne bei seiner Tätigkeit ein Bewusstsein für Human Factors und ihre risikobegünstigenden Eigenschaften hat. Nur so lässt sich gewährleisten, dass die eigene Handlung an Relevanz gewinnt und der Handelnde sie mit dem entsprechenden Fokus ausführt. Weiterhin ist ein wesentliche Kernelement zur Minimierung von Risiken durch die Dirty Dozen Kommunikation. Auf dieses Element wird im späteren Verlauf der Arbeit unter Kapitel 4 gesondert eingegangen. Auch setzt die Umsetzung eine gesunde Fehlerkultur voraus – erst die Möglichkeit zum Eingeständnis eines Fehlers, welches auch die Anerkennung durch Vorgesetzte oder Kolleg:innen ohne soziale Ächtung voraussetzt (Hinsch, 2019), begründet die Motivation an diesem zu arbeiten und aus ihm zu lernen.

Die Forschung der Luftfahrt und Zusammenstellung der Dirty Dozen hat sich in rechtlicher Form bei der EASA, der Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit, niedergeschlagen. Zur Schulung der Mitarbeiter wurde weiterhin das Crew Resource Management (CRM) entwickelt, welches zuerst 1981 zum Einsatz kam (Prineas, Mosier, Mirko & Guicciardi, 2020, Seite 413). CRM adressiert sämtliche Aspekte der Dirty Dozen und versucht so, eine sog. Safety- Culture im Unternehmen zu etablieren (Lufthansa Aviation Traning, CRM Basic Training, 2017, Seite 1). Hierbei handelt sich um „ein Verhaltensmerkmal einer Gruppe oder Organisation wie mit Fragen zur Sicherheit umgegangen wird. Es unterliegt einem komplexen Lernprozess, in dem sich gemeinsame Ziele, Interessen, Normen, Werte und Verhaltensmuster herausbilden“ (Lufthansa Aviation Training, CRM Basic Training, 2017, Seite 1). Das CRM – Modell besteht aus mehreren Abschnitten, die jeweils eines der Merkmale fokussieren und den Mitarbeitern zum einen ein Bewusstsein für die Existenz eines Human Factors schaffen, sowie andererseits Methoden an die Hand geben, diese zu vermeiden.

Nachdem nun auf die Fehlerursachen eingegangen wurde, soll im Folgenden Kapitel das Schweizer- Käse- Modell beschrieben werden, welches sich vor allem mit Fehlerketten befasst.

3.3    Das Schweizer-Käse- Modell

Das Schweizer- Käse Modell stammt von dem Psychologen James Reason aus dem Jahre 1990 und verbildlicht eine systemische Perspektive auf Fehler durch Menschen (Badke et al., 2008, Seite 40). So findet hier ein Perspektivwechsel statt und es steht nicht mehr die Handlung, die zum Fehler geführt hat, im Vordergrund, sondern das durch ihn ausgelöste Ereignis ist Fokus der Betrachtung. Rückblickend wird dann auf das das Ereignis begünstigenden oder verursachenden Faktor geblickt und dieser als Bedingung klassifiziert (Badke et al., 2008, Seite 40). Grundsätzlich werden die Bedingungen nach Reason in „aktive Fehler“ und „latente Bedingungen“ eingeteilt, die dann in Form einer Fehlerkette zu einem Ereignis führen (Badke et al., 2008). Reason unterscheidet demnach personen- und systembezogene Bedingungen.

Aktive Fehler

Hierbei handelt es sich um sichtbare Fehler, die vom handelnden Menschen begangen werden. Sie können unmittelbar wirken und sind leicht zu erkennen. Beispiel: Einbau einer falschen Fensterscheibe (Badke et al., 2008, Seite 41). In der Regel sind sie auf unsichere Handlungen durch das Personal zurückzuführen. Unsichere Handlungen können ihrerseits wiederum zu einer Vielzahl von Fehlertypen führen, die sowohl absichtlich als auch unabsichtlich eintreten könne, beispielsweise Aufmerksamkeitsfehler, Gedächtnisfehler, regelbasierte Fehler oder Verstöße (Badke et al. 2008, Seite 49).

Latente Bedingungen

Latente Bedingungen sind nicht sofort erkennbar und oft tief im System verankert. Als Fehlerursache werden sie erst dann sichtbar, wenn sich das vorher verborgen gehaltene Risiko in Kobination mit einem anderen Auslöser verwirklicht. Es handelt sich eher um „schlummernde“ Bedingungen, deren Konsequenzen nicht unmittelbar eintreten (Badke et al., 2008, Seite 41). Eine latente Bedingung ist beispielsweise ein Systemfehler, der zwar im Alltag nicht relevant ist, jedoch beispielsweise durch eine falsche Bedienung durch eine Person (aktiver Fehler) ausgelöst wird. Bei latenten Bedingungen handelt es sich um systembezogene Bedingungen, die damit in ihrem Ursprung nicht durch eine Person manifestiert wurden.

Fehlerketten

Das Zusammenspiel von latenter Bedingung als gegebenem Parameter und dem aktiven Fehler einer Person sieht Reason als Fehlerkette, die letztlich zu einem Ereignis führt. Latente Bedingungen stellen demnach „Lücken“ in Sicherheitsbarrieren dar, die durch unsichere Handlungen ein Ereignis, z.B. einen Unfall, auslösen (Badke et al., 2008, Seite 41). In diesem Zusammenhang stellen Human Factors die den aktiven Fehler begünstigende Elemente dar.

Das Besondere am Schweizer- Käse- Modell in Abgrenzung zu den Dirty Dozen findet sich jedoch in der Betrachtungsweise der Ressource Mensch. Der aktive Fehler lässt eine latente Bedingung erst zu einem Risiko werden, jedoch bedingen sich hier Mensch und System, Fehler entstehen erst in Abhängigkeit der beiden Parameter. Ohne latente Fehler im System würde die unsichere Handlung jedoch nicht zwangsläufig zu einem Ereignis führen.

Anhand dieses Modells zeigt sich, dass eine Implementierung von Abwehrmaßnahmen spätestens an der Schnittstelle zwischen Mensch und System erforderlich ist.

Im Rahmen der Human Factors Forschung wurden bislang unterschiedliche Ansätze gefunden, um einer Verwirklichung des Risikos in Form eines negativen Ereignisses entgegenzuwirken. Hierbei wurden verschiedene Methoden ausprobiert, um ein Bewusstsein für Human Factots zu schaffen und hierdurch zur Minimierung beizutragen. Als wesentliches Element hat sich das der Kommunikation erwiesen.

Im folgenden Kapitel soll in diesem Zusammenhang soll näher auf die Kommunikation als Schutzmechanismus eingegangen werden.

4     Kommunikation im Rahmen der Human Factors

Seit jeher hat der Begriff Kommunikation eine tiefgreifende Bedeutung, die sich in ihrer Relevanz kaum eingrenzen lässt. Kommunikation ist Informationsaustausch, Wissensvermittlung, aber auch Kennzeichnung, Wiedergabe von Erlebtem, Mitteilung des eigenen Zustandes und vieles mehr. Dabei funktioniert Kommunikation sowohl verbal als auch non- verbal. Der Umfang der möglichen Kommunikation sowie der Umfang der möglichen Inhalte begründen jedoch auch ein stets währendes Dilemma: Störungen in der Kommunikation, sei es durch falschen Ausdruck oder falsches Verständnis stehen der eigentlich situativ beabsichtigten Funktion von Kommunikation im Wege.

Die obige Darstellung der Human Factors und der identifizierten menschlichen Fehler zeigt jedoch, dass richtige Kommunikation die wichtigste Schutzmaßnahme vor Risiken bildet und für eine zielführende Ausführung von Tätigkeit unverzichtbar ist und gleichsam eine „falsche“ Kommunikation die Hauptursache für fehlerverursachendes Verhalten.

Nachfolgend soll zunächst auf die Funktionen von Kommunikation im Kontext der Human Factors eingegangen werden, bevor kurz bekannte Kommunikationsmodelle vorgestellt werden. Das daran anschließende Kapitel widmet sich der Arten der Kommunikation innerhalb des Kontextes der Human Factors zur Optimierung und Risikominimierung.

4.1    Funktionen von Kommunikation im Kontext der Human Factors

Da sich Human Factors sowohl auf die persönliche Ebene als auch auf die sachliche Ebene beziehen, sind auch die Funktionen der Kommunikation in beiden Faktoren zu finden. Auch Hinsch sieht in der Kommunikation mehr als die Vermittlung einer Sachbotschaft, vielmehr werden auch Motivation und Appell des Kommunizierenden offenbart (Hinsch, 2019, Seite 31). Im Rahmen des CRM- Modells erfüllt Kommunikation vor allem drei Funktionen:

  • Koordination von Arbeitsabläufen
  • Informationsweitergabe und Realitätskonstruktion
  • Strukturierung der Zusammenarbeit (Lufthansa Aviation Training, CRM Basic Training, Assesment 2- Kommunikation, 2017, Seite 2).

Die Koordination von Arbeitsabläufen meint insofern vor allem die Festlegung von Reihenfolgen und zeitlichen Rahmenbedingungen sowie die Verteilung von Aufgaben (Badke et al., 2008, Seite 137). Hierzu gehört auch die Identifikation des gemeinsamen Ziels. Diese Strukturierung der Zusammenarbeit ist besonders wichtig, um innerhalb eines Teams bei jedem ein Bewusstsein für die gemeinschaftliche Aufgabe und den eigenen Beitrag zu schaffen. Die Informationsweitergabe dient dem Austausch über Erkenntnisse, die die Arbeit betreffen, sowie der Weitergabe von Wissen (Badke et al., 2008, Seite 138). Diese Funktion erfüllt auch den Zweck, einen einheitlichen Kenntnisstand bei den Erwerbstätigen im Team zu schaffen und somit klare Strukturen für die Handlungen festzulegen. Der Begriff der Realitätskonstruktion bezeichnet hierbei die Schaffung eines gemeinsamen Konsenses über die Situation und der damit verbundenen Abläufe und Herausforderungen. Im Ergebnis entsteht hierdurch ein geteiltes Situationsbewusstsein.

Badke et al. (2008) fügen dem CRM- Modell noch eine weitere Funktion der Kommunikation hinzu um das Bild zu vervollständigen: die der Schaffung einer Beziehung. Hierdurch wird ein wichtiger Aspekt in den Vordergrund gerückt, der besonders risikominimierend für die in der Person des Handelnden selbst liegenden Fehlerquellen liegen kann, z.B. Druck, Stress oder Überforderung. Ohne eine stabile Beziehungsebene seien die weiteren Funktionen der Kommunikation kaum erfüllbar. So halten Badke et al. (2008) fest:

„Die oben genannten informationsbezogenen Funktionen von Kommunikation […] sind nicht ohne das In- Beziehung.- Treten denkbar – das Schaffen gemeinsamer mentaler Modelle erst recht nicht.“ (Seite 139)

Dieser Anspruch zeigt sich auch in dem Anspruch eine gute Fehlerkultur innerhalb eines Unternehmens zu entwickeln. Erst das Vertrauen, dass durch eine stabilisierte Beziehungsebene entsteht, kann einen offen gestalteten Informationsaustausch gewährleisten.

4.2    Kommunikationsmodell nach Schulz von Thun

Basis der heutigen Kommunikation im Rahmen der industriellen Human Factors Forschung und Anwendung bildet das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun. Dieses hat ebenfalls seinen Weg in das CRM der Luftfahrt gefunden (Lufthansa Aviation Training, 2017). Schulz von Thun misst in seiner Allgemeinen Psychologie der Kommunikation von 1981 einer Nachricht vier Seiten zu und ordnet diese in ein sog. Kommunikationsquadrat. Dieses wiederum bewegt sich zwischen Sender und Empfänger einer Nachricht. Die Annahme hierbei ist, dass der Mensch nicht ausschließlich sachlich kommuniziert und der Empfänger gleichsam nicht ausschließlich sachlich empfängt. Vielmehr findet die Kommunikation auf vier Ebenen statt (Badke et al., 2008, Seite 138):

  • Sachinhaltsebene: Ein Sachinhalt wird übermittelt
  • Beziehungsebene: Das Verhältnis der Gesprächspartner, welches beispielsweise durch Gewohnheiten untereinander, augenblickliche Verfassung oder auch vergangene Konfliktsituationen geprägt sein kann, entscheidet über den Empfang des Sachinhaltes
  • Selbstoffenbarung: Der Sender der Nachricht gibt etwas von sich preis
  • Appel: Der Sender appelliert an den Empfänger etwas zu tun, drückt dies aber nicht über die Sachebene aus

Die verbale Übermittlung geht zudem mit Mimik, Gestik und Intonation einher. Im Ergebnis ist folglich nicht entscheidend was oder wie etwas gesagt wird, sondern die Wahrnehmung des Empfängers hat ebenfalls große Bedeutung für die zu übermittelnde Information. Gleichzeitig spielt die – nicht offen kommunizierte – Intention des Senders eine Rolle. Insofern haben alle 4 Seiten für beide Personen in der Konversation Relevanz. Das Ergebnis des Austausches ist demnach abhängig von ihrer persönlichen Verfassung und Priorisierung (Badke et al., 2008). So zeigt auch dieses Modell die Komplexität von Kommunikation und der „Stabilen Beziehung“ als Kernelement zur Erfüllung ihrer Funktionen. In Anbetracht dessen ist die Etablierung von wichtigen Kommunikationsregeln wesentlich für einen zielgerichteten Austausch zur Adressierung der Human Factors. Gleichzeitig zeigt sich hier auch ihre größte Herausforderung.

Nachfolgend soll gezeigt werden, welche Arten von Kommunikation im Rahmen der Human Factors genutzt werden.

4.3    Nutzung von Kommunikation zur Risikominimierung im Rahmen der Human Factors

Wie bereits erwähnt, nimmt die Forschung zu Human Factors in der Luftfahrt und das daraus entstandene CRM eine pionierhafte Stellung ein. Die gewonnenen Erkenntnisse, die mithilfe des CRM auch methodische Anwendung finden können, bilden heute auch für viele andere Branchen die Grundlage zur „Optimierung der Fehlerquelle Mensch“. Daher liegt es nahe, auch im Rahmen dieser Arbeit die Nutzung von Kommunikation zur Risikominimierung im Rahmen der Human Factors unter Zuhilfenahme des CRM näher zu erläutern.

Grundsätzlich stützt sich ein CRM auf drei Grundpfeiler:

  1. Teamwork und Führung
  2. Kommunikation
  3. Situationsbewusstsein und Workload – Management (Hinsch et al., 2019, Seite 52)

Unter Berücksichtigung dieser soll eine sog. Safety Culture geschaffen werden.

Das CRM versteht dabei unter guter Kommunikation vor allem einen klaren Informationsaustausch, der frei von Emotionen ist. Bei einer Nachricht handelt es sich aus Sicht des CRM um eine verschlüsselte Information, die durch den Empfänger wieder entschlüsselt wird und demnach unmissverständlich kodiert sein sollte. So heißt es im Lufthansa Aviation Training, CRM Basic Training Assesment 2- Kommunikation (2017), dass für eine gute Kommunikation kurze und verständliche Sätze formuliert werden, Reizwörter möglichst gemieden werden, Beobachtungen geschildert werden, Ich- Botschaften formuliert, verbindliche Verabredungen getroffen werden und Störungen angesprochen werden sollen. Implizit zielt das Programm demnach darauf ab, auf klare und emotionsfreie Formulierungen zurückzugreifen, die unmissverständlich sind. Besonders in Bezug auf den verbalen Austausch weist auch Hinsch et al. (2019) darauf hin, dass Mimik, Gestik oder der Tonfall die Nachricht schnell verfälschen können (Seite 59). Die Empfehlung, Informationen frei von Emotionen, und damit auch Interpretationsspielraum zu senden, zeigt sich auch in dem Konzept der „Drei K’s der Kommunikation“: klar, korrekt, komplett (Hinsch et al., 2019, Seite 61).

Im Sinne der Human Factors lassen sich demnach, differenziert nach schriftlicher und mündlicher Kommunikation, folgende Kriterien für den Austausch im Beruf festhalten:

Schriftlich:

  • Verwendung kurzer, verständlicher Sätze
  • Vermeidung von Kommunikation unter Einfluss negativer Emotionen
  • Prüfung der schriftlichen Kommunikation, z.B. E-Mails hinsichtlich Rechtschreibung, der Richtigkeit des Empfängers etc.
  • Vermeidung von weitem Ausholen, lieber kurz und bündig
  • Vollständige Übermittlung aller in dem jeweiligen Zusammenhang relevanter Informationen
  • Keine Verallgemeinerungen
  • „Einlassen“ auf den Empfänger und eigene Sprache und Wortwahl anpassen
  • Vermeidung von Wertungen oder Interpretationen

Mündlich:

Die Aspekte der schriftlichen Kommunikation spiegeln sich auch im Bereich der mündlichen wider, werden jedoch noch um Faktoren ergänzt, die über die Körpersprache des Senders und seine Intonation gesendet werden können (Hinsch et al, 2019). Diese sind:  

  • Gestik
  • Mimik
  • Lautstärke, Wortwahl
  • Variierende Tonlagen, z.B. Ironie.

Zu einer guten Kommunikation gehört neben der richtigen Kodierung der eigenen Nachricht auch das Bewusstsein für eventuelle Störfaktoren, die einen guten Austausch behindern können. Hierzu gehören z.B. schlechte Akustik oder externe Ablenkung. Zu berücksichtigen sind daneben jedoch auch Aspekte wie ein unausgeglichenes Machtgefüge, ein ungleicher Wissensstand oder Überlastung beim Empfänger der Nachricht. Folglich kann auch eine Vermischung von Sachinhalt mit der Beziehungsebene zu einem ineffizienten und missverständlichen Austausch führen (Badke et al., 2008, Seite 143).

Zwei weitere Instrumente, welche die Luftfahrt zur Sicherung des Informationsaustausches nutzt, um dem Human Factor Kommunikation gerecht zu werden nutzt, sind Briefing und Debriefing. Beide dienen insofern des Lernens und der Fehlervermeidung (Hinsch et al., 2019). Das Briefing erfüllt hierbei den Zweck, im Vorfeld einer Aufgabe die Absichten zu prüfen und die Handlungsstrategie im Team gemeinsam durchzugehen. Hierdurch wird die vorher erwähnte gemeinsame Realitätskonstruktion erreicht und zugleich der Ablauf koordiniert.

Im Gegensatz dazu steht das Debriefing, welches nach einem Projekt oder einer Aufgabe durchgeführt wird. in diesem Rahmen wird versucht, Feedbacks einzuholen, die den vorherigen Ablauf analysieren (Hinsch et al. 2019, Seite 63). Hierbei werden sowohl positive Aspekte genannt, als auch solche, die nicht optimal gelaufen sind und bei denen es Verbesserungsbedarf gibt. Ein solches Feedback ermöglicht ebenfalls einen Lernprozess. Zudem trägt auch dieses Element dazu bei, eine stabile Beziehungsebene zu bilden.

5      Fazit

Die Ausführungen haben gezeigt, dass es sich bei der Disziplin Human Factors um kein unbekanntes Feld handelt, sondern sich hier seit vielen Jahrzehnten insbesondere die Luftfahrt mit ihnen auseinandergesetzt hat. Die Arbeit zeigt auch, dass eine Implementierung der Methoden bislang hauptsächlich besonders in denjenigen Branchen etabliert haben, in denen durch ein hohes Verantwortungspotential beim Menschen vermeintlich auch das höchste Risiko durch den Menschen entstehen kann. So konzentriert sich die Forschung bislang hauptsächlich auf die Bereiche Medizin und Luftfahrt, in denen die körperliche Unversehrtheit buchstäblich gewissen Personen „in die Hände gelegt“ wird.

Die Fehlerursachen und dabei ganz besonders die Dirty Dozen, zeigen jedoch mehr. Identifizierte Fehlerquellen sprechen dafür, dass dem Bewusstsein für die Befindlichkeit des Einzelnen im Arbeitsumfeld mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. So ist der Human Factor zwar einerseits eine Gefahr für andere – andererseits jedoch gleichsam für sich selbst und damit mittelbar auch für das ihn beschäftigende Unternehmen. Ein langfristiger Ausfall einer oder mehrerer Personen wird genauso zu wirtschaftlichen Einbußen führen, wie ein durch ihn verursachter Fehler.

Die Relevanz des Bewusstseins auch für die emotionale Ebene beim Menschen und innerhalb seiner Interaktion mit der Technik, Arbeit und seiner Umwelt hat sich auch in der Beschreibung der Kommunikation gezeigt. Eine gute Kommunikation ist ohne die Etablierung einer stabilen Beziehungsebene nicht möglich. Erst ein Aufbau dieser minimiert die Möglichkeit, dass es zu Störungen in der Kommunikation kommt. 

Die zukünftige Erforschung der Human Factors und der Methoden zur Minimierung des Risikos sollte demnach weiter auch Methoden für stabile Beziehungen und eine wirklich vertrauensvolle Umgebung schaffen, so dass die angestrebte Safety Culture eine tatsächlich gelebte bewusste Fehlerkultur beinhaltet

Das CRM bildet insofern eine gute Grundlage – sollte jedoch durch Ergänzung der genannten Aspekte verbessert werden.

 

Literaturverzeichnis

Badke-Schaub, P., Hofinger, G., Lauche, K. (2008): Human Factors, in: P. Badke-Schaub, G. Hofinger, K. Lauche (Hrsg.), Human Factors – Psychologie sicheren Handelns in Risikobranchen (Seite 4 – 18), Springer Medizin Verlag, Heidelberg

Hinsch, M. (2010): Industrielles Luftfahrtmanagement – Technik und Organisation luftfahrttechnischer Betriebe, 1. Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg

Hinsch, M.; Olthoff, J. (2019): Human Factors in der Industrie – Ein Praxisratgeber – Wie Sie mit Impulsen aus der Luftfahrt Fehler und Nacharbeit vermeiden können, 1. Auflage, Springer Verlag, Berlin

Hofinger, G. (2008): Fehler und Unfälle, in: P. Badke-Schaub, G. Hofinger, K. Lauche (Hrsg.), Human Factors – Psychologie sicheren Handelns in Risikobranchen (Seite 37 – 54), Springer Medizin Verlag, Heidelberg

Hofinger G. (2008): Kommunikation, in: P. Badke-Schaub, G. Hofinger, K. Lauche (Hrsg.), Human Factors – Psychologie sicheren Handelns in Risikobranchen (Seite 132 – 150), Springer Medizin Verlag, Heidelberg

Lufthansa Aviation Training, CRM Basic Training Assesments 1 Safety Culture and 2 Kommunikation, 2017

Prineas, S., Mosier, K., Mirko, C., Guicciardi, S, (2020): Non- technical Skills in Healthcare, in: L. Donaldson, W. Ricciardi, S. Sheridan, R. Tartaglia (Hrsg.), Textbook of Patient Safety and Clinical Risk Management (Seite 413 – 434), Springer Verlag, Cham

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