Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz für die Lagerung von brennbaren und akut toxischen Gasen, einschließlich der erstmaligen Anwendung der Störfallverordnung

1                  Einleitung

Die Peter Schnüffel GmbH hat das folgende Vorhaben als Plan festgelegt: Sie möchte ein Gaslager bauen lassen, in dem brennbare und akut toxische Stoffe der Kategorien 1 und 2 gelagert werden können. Dazu gehören auch Ammoniak, Chlor, Chlorwasserstoff und Phosgen. Aufgrund dieser Stoffe kommen die 12.BImSchV und die Störfallverordnung zum Tragen. In der folgenden Ausarbeitung soll das Vorhaben von Beginn an untersucht werden. Dazu stellt sich die Frage nach dem gemeinsamen Nenner einer Kläranlage, einer Werkstatt, einer Windkraftanlage, einer Brauerei, einer verfahrenstechnischen Anlage aus der Chemieindustrie, einer Müllverbrennungsanlage und einer Anlage aus dem pharmazeutischen Bereich.

Fragen, mehr Informationen nötig oder Hilfe? Gerne Kontakt aufnehmen zu uns: 📬 Kontaktformular

Zunächst scheint die Suche nach dem gemeinsamen Nenner erfolglos. Einen Hinweis gibt das Stichwort „rechtliche Grundlage“. Vergleicht man demnach die rechtlichen Grundlagen für die Erbauung der genannten Gebäude bzw. Betriebe, so stößt man auf das Bundesimmissionsschutzgesetz, welches einem jeden dieser Gebäude zu Grunde liegt. Es muss sowohl bei der Errichtung als auch im späteren Betrieb beachtet werden.

Der Hintergrund des Gesetzes ist es, nicht nur uns Menschen, sondern auch die Tiere und Pflanzen sowie unsere Umwelt, also den Boden, das Wasser, die Atmosphäre, und auch Kultur- und Sachgüter zu schützen. Dazu sollen Umweltschäden entweder minimiert oder gar gesamthaft verhindert werden. Auch Unfälle, die schädliche Einflüsse auf die Umwelt haben, sollen vermieden werden. Daher gibt das Gesetz Rahmenbedingungen für die bereits genannten Anlagen vor, welche in Form eines Genehmigungsverfahrens nach BImSchG geprüft werden. Für einige Anlagen, die ein besonders hohes Gefahrenpotenzial aufzeigen, können weitere Vorgaben aus der Störfallverordnung vorgegeben werden.

1.1       Motivation der Aufgabenstellung

Die vorliegende Arbeit soll eine Übersicht über das Genehmigungsverfahren nach BImSchG geben. Dessen zentrale Bedeutung und breite Anwendung wurden im vorangegangenen Kapitel bereits dargestellt. Dazu soll ein ausgewähltes Beispiel verwendet werden. Da, wie bereits erwähnt, in einigen extremeren Fällen aus dem industriellen und gewerblichen Bereich zusätzlich die Störfallverordnung angewendet werden muss, soll auch diese in die vorliegende Arbeit einbezogen werden. Ob die Verordnung Anwendung findet, entscheiden Größe und/oder der Gefährdungsgrad einer Anlage. Durch die vorliegende Arbeit sollen die Zusammenhänge der beiden rechtlichen Grundlagen vorgestellt und anhand des Beispiels eines Genehmigungsverfahrens dem Leser transparent vermittelt werden.

Vor allem die breit gefächerten Anwendungsbereiche und Themengebiete der beiden rechtlichen Verordnungen zeigen die hohe Relevanz der Themenstellung.

1.2       Charakteristika eines Störfallbetriebs

Es liegen zwei verschiedene Kategorien von sogenannten Störfallbetrieben vor. Auf diese wird im Anhang I der 12. BImSchV verwiesen. Diese Kategorisierung basiert auf dem ansteigenden Gefahrenpotenzial der jeweiligen Betriebe für die Bevölkerung und die Umwelt in der unmittelbaren Umgebung. Je nach der Einstufung der Betriebe, die auf die jeweilige Menge der Gefahrenstoffe fußt, müssen Unternehmen ihr Risiko für einen möglichen Störfall reduzieren und daher verschiedene, mitunter weitreichende Vorlagen einhalten. Die jeweils zuständigen Behörden kontrollieren die Einhaltung dieser.

Ein Betrieb, der beispielsweise unter dem Mengenschwellenwert aus Spalte 4 liegt, muss keinerlei Vorgaben auf der Basis dieser Verordnung einhalten.

Ein Betrieb, der zwar den Mengenschwellenwert aus Spalte 4 übertrifft, weiterhin aber unter dem Wert der Spalte 5 bleibt, ist als Betrieb unterer Klasse zu sehen.

Für diese Betriebe der unteren Klasse gelten die erweiterten Pflichten aus dem zweiten Abschnitt der 12. BImSchV nicht. Diese Verordnung muss jedoch vollumfänglich von allen Unternehmen eingehalten werden, die die Mengenschwellenangabe aus Spalte 5 übersteigen.

Dies gilt nicht für Unternehmen, die die Schwellenwerte nicht übersteigen. Diese müssen die Verordnung nicht einhalten.

Wie im Falle des Gefahrengutrechts muss der Betreiber selbst mögliche Risiken identifizieren und evaluieren. Dabei spielt vor allem der sogenannte „Eingriff Unbefugter“ eine Rolle, da der Betrieb sukzessiv die Schwächen des eigenen Handelns erkennen und als Gefahrenquelle einstufen muss. Dazu müssen außerdem mögliche Beeinträchtigungen bewertet werden, dass die Sicherheit realistisch eingeschätzt werden kann. Zeigt dieser Prozess nun eine Sicherheitslücke auf, so ist das Unternehmen dazu verpflichtet, diese zu beheben. Dieser Prozess sollte iterativ verstanden werden und kann zu keinem Zeitpunkt als final abgeschlossen gelten.

1.3       Erkenntnisinteresse:            Beschreibung            eines Genehmigungsverfahrens                                         nach Bundesimmissionsschutzgesetz für die Lagerung von Gasen, einschließlich der erstmaligen Anwendung der Störfall-Verordnung

Die vorliegende Arbeit soll anschaulich ein Genehmigungsverfahren für ein Lager für Gase darstellen. Dieser Prozess soll auf Basis des Bundesimmissionsschutzgesetzes stattfinden und soll als Beispielprozess dienen. Auf diese Weise sollen Hinweise und Vorschläge für die Praxis gegeben werden. Der Prozess umfasst das gesamte Genehmigungsverfahren mit Beginn der Anzeige. Dies schließt auch die beteiligten Behörden ein.

Außerdem soll dem Betreiber einer Anlage eine Anleitung gegeben werden, wie er verfahren sollte, sofern es zu einer Überschreitung der Mengenschwelle aus der Störfallverordnung kommt. Die Anleitung soll ihm helfen, seine Anlage mit Blick auf die Störfallverordnung zu bewerten.

1.4        Vorgehensweise

Die vorliegende Arbeit ist in zwei Bereiche strukturiert. In einem ersten Teil soll das Genehmigungsverfahren nach BImSchG über das Beispiel eines Gaslagers dargestellt werden. Dazu werden die individuellen und für diese Arbeit relevanten Charakteristika der Anlage sowie der eingelagerten Gasarten und deren Menge betrachtet und das Projekt auf diese Weise von anderen genehmigungsbedürftigen Anlagen abgegrenzt. Dazu dient das BImSchG i.V.m. der 4. BImSchV. Auf diese Weise kann das hier gezielt benötigte Genehmigungsverfahren für die Anlage ermittelt werden. Nichtsdestotrotz sollen zur Vollständigkeit der Arbeit auch weitere Genehmigungsverfahren erläutert werden, die über das hier beispielhaft aufgeführte Gaslager hinausgehen. Beispiele an dieser Stelle sind Sonderregelungen für Anlagen nach der Industrieemissionsrichtlinie.

Zusätzlich zum Genehmigungsverfahren nach BImSchG müssen bei einem Neu- oder auch Umbau weitere Genehmigungsverfahren durchlaufen werden. Beispiele sind Baugenehmigungen oder solche nach dem Wasserhaushaltsgesetz. Hier gilt für den Normalfall, dass zeitgleich mehrere Genehmigungsverfahren notwendig sind. Daher soll auch in der vorliegenden Arbeit von diesem Fall ausgegangen werden. Die Problematik wird entsprechend berücksichtigt. Dabei soll vor allem die Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG beachtet werden.

In einem jeden Genehmigungsverfahren ist ein Minimum von zwei Parteien involviert. Ersterer ist der Antragsteller, zweiter die jeweils zuständige Behörde. Diese muss den vom Antragsteller eingereichten Antrag prüfen und final genehmigen. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit sollen daher die Partien vorgestellt und ihre Rolle im Genehmigungsverfahren näher betrachtet werden.

Abbildung 1 zeigt das geplante Vorgehen im ersten Teil der Arbeit.

In einem zweiten Teil der Arbeit soll das Fallbeispiel der Firma Peter Schnüffel behandelt werden. Dieses Unternehmen betreibt bereits ein Gaslager, welches nun erweitert werden soll. Durch die Erweiterung würde es die Mengenschwelle überschreiten, sodass diese nach Anhang I der BImSchV beantragt wurde. Anhand des Beispiels sollen die Pflichten sowohl des Antragstellers als auch der genehmigenden Institutionen beschrieben und die zentralen Schritte des Genehmigungsverfahrens genannt werden. Das Ergebnis des Prozesses stellt final dar, welche Unterlagen der Betreiber vorbereiten muss.

Abbildung 2 gibt eine grafische Übersicht über das Vorgehen im zweiten Teil dieser Arbeit.

1.5        Beschreibung der Ausgangslage

Im folgenden Kapitel soll das entsprechende Gaslager betrachtet werden, welches als Beispiel für das Genehmigungsverfahren nach BImSchG betrachtet wird. Es gilt, die zentralen Rahmenbedingungen des Projektes zu ermitteln.

Das gesamte Lager soll über eine Kapazität von 104,4t verfügen. Darin sollen über die gesamte Fläche akut toxische und brennbare Gase gelagert werden. Tabelle 1 enthält eine Übersicht über die Gase, die eingelagert werden sollen.

Die Einstufung der Gase erfolgt auf der Basis der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008, d.h. der CLP-Verordnung. Die Tabelle zeigt einen Ausschnitt aus der GESTIS Stoffdatenbank.

Das Gaslager ist auf dem Werksgelände eines Industrieparks aus der chemischen Industrie platziert. Es ist überdacht, um witterungsbedingte Schäden zu vermeiden.

2 Immissionsschutzrechtliche Abgrenzung der Anlage im Sinne des BImSchG i.V.m. der 4. BImSchV

In einem ersten Schritt des Genehmigungsverfahrens nach BImSchG muss eine Entscheidung dahingehend getroffen werden, welches Verfahren im jeweiligen Fall angewendet wird. Auf Basis von Kapitel 1.4 soll daher zunächst eine Einstufung getroffen werden. Prinzipiell kann als eine erste Unterscheidung zwischen dem Verfahren nach § 10 BImSchG oder dem vereinfachten Verfahren nach § 19 BImSchG unterschieden werden. Die Genehmigung einer Anlage nach Industrieemissionsrichtlinie gilt als Sonderfall.

Das jeweilige Verfahren kann über die 4. BImSchV ermittelt werden. Diese betrachtet die jeweiligen Produktions-, Verarbeitungs- und Lagermengen verschiedener Stoffe und Produkte und gibt danach die entsprechende Verfahrensart vor.

Die bisher hier aufgeführten Gase werden unter 4. BImSchV Anhang 1 Nr. 9.3 geführt. Daher findet die Stofflisteder 4. BImSchV Anhang 2 Anwendung. Tabelle 2 gibt dazu eine Übersicht über die vorliegenden Gase.

Die Übersicht zeigt, dass die jeweils vorhandenen Mengen der Gase unter der in Anhang 2 Spalte 4 4. BImSchV liegen. Daher kann ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren angewendet werden. Anders stellt sich dies für die weiteren Gase der Gefahrenklasse „akute Toxizität“ dar: Sie überschreiten den Mengenschwellenwert aus Anhang 2 Spalte 4 4. BImSchV. In diesem Fall kann das vereinfachte Verfahren nicht angewendet werden. Daher muss für das gesamte Gaslager ein Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt werden.

3 Verfahrensart zur Anzeige und zum Erhalt der Genehmigung nach BImSchG

Das folgende Kapitel stellt zunächst die verschiedenen Genehmigungsverfahren nachBImSchG vor. Dazu zählen das Genehmigungsverfahren nach § 10 und das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG. Es gilt, Ausnahmen und Besonderheiten der beiden Verfahren zu identifizieren, die im weiteren Prozess beachtet werden müssen.

3.1       Das Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG

In Kapitel 2 wurde zunächst beschrieben, wie das korrekte Verfahren basierend auf der 4. BImSchV zu ermitteln ist. Wird in diesem Fall erkannt, dass § 10 der BImSchG anzuwenden ist, so muss der nachfolgend beschriebene Prozess durchlaufen werden. Dieser soll im Ablaufdiagramm in Abbildung 3 näher beschrieben werden.

In einem ersten Schritt muss der Betreiber bzw. der Antragsteller einen schriftlichen oder elektronischen Antrag stellen. Darin sind alle Unterlagen einzufügen, die die Behörde als notwendig einstuft. Sie kann daraufhin den Antrag nach § 6 BImSchG prüfen. Fehlende Unterlagen werden durch die Behörde außerdem vom Antragsteller eingefordert.

Sind die Unterlagen vollständig und korrekt ausgefüllt, so veröffentlicht die Behörde den Antrag. Dies geschieht im jeweiligen amtlichen Mitteilungsblatt, der Tageszeitung oder auch im Web. Interna und Informationen, die nicht an Dritte gelangen sollen, müssen vorher durch den Antragsteller als solche gekennzeichnet werden, damit hier keine Veröffentlichung stattfindet. Dabei muss der Antragsteller jedoch beachten, dass die Verständlichkeit und die Zusammenhänge des Antrages bestehen bleiben. Nun erhält die allgemeine Öffentlichkeit einen Monat lang Einsicht in den Antrag. In dieser Zeit sowie bis zu zwei Wochen danach können Einwendungen gegen den Antrag eingebracht werden. Sollten Einwände bestehen, so können diese in einem offenen Dialog zwischen Antragsteller, Behörde und der Öffentlichkeit thematisiert und im besten Falle beseitigt werden. Hat ein solcher Dialog stattgefunden, so kann die Behörde schließlich den Genehmigungsbescheid erlassen.

Bestehen auf Seite der Öffentlichkeit keine Einwände, so ist kein Dialog notwendig. Abbildung 3 zeigt diesen Weg durch einen roten Pfeil.

Auch den Genehmigungsbescheid muss die Behörde öffentlich darlegen. Erneut ist dieser für einen Zeitraum für zwei Wochen öffentlich einsehbar, bevor er final auch gegenüber Dritten gültig ist.

3.1       Anwendung des Genehmigungsverfahrens auf das Gaslager

In Kapitel 2 wurde ermittelt, dass das Gaslager des Beispielprojektes nach dem im vorherigen Kapitel beschriebenen Verfahren genehmigt werden muss. Daher muss der Antragsteller nun die notwendigen Dokumente und Informationen an die Behörde übermitteln. Die folgende Aufzählung soll daher darstellen, welche Themen im Rahmen der Genehmigung eines Gaslagers abgedeckt werden müssen sowie welche Dokumente notwendig sind. Ziel ist es schlussendlich, alle notwendigen Themen und Dokumente für die Genehmigung zusammenzustellen.

  • Allgemeine Informationen (Antrag und Verfahren)
  • Allgemeine Informationen (Inhalt und Standort)
    • Beschreibung des Standortes und seiner Umgebung
    • Gebäudepläne und Zeichnungen
    • Schematische Darstellungen wie ein Verfahrens-, Rohrleitungs- oder auch Instrumentenfließschema
  • Nicht relevant: Energieeffizienz
  • Nicht relevant: Luftschadstoffe und Gerüche. Aus technischer Sicht gelten Druckgasflaschen im geschlossenen Zustand als Dicht, siehe TRGS 722

„Ausschuss für Gefahrstoffe 2012“.

  • Nicht relevant: Lärmschutz. Sowohl bei der Anlieferung als auch dem Abtransport der Druckgasflaschen kommt es zu keinem erhöhten Verkehrsaufkommen.
  • Nicht relevant: elektromagnetische Felder, Erschütterungen, Licht
  • Nicht relevant: Abwasser. Das Gaslager sorgt für keine zusätzliche Flächenversiegelung. Das Niederschlagswasser wird einem bestehenden Kanalsystem zugeführt.
  • Nicht relevant: Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen einschließlich Rohrleitungen. Es werden keine wassergefährdeten Flüssigkeiten im Lager geführt.
  • Nicht relevant: Angaben zu den anfallenden Abfällen. Durch das Gaslager entstehen keine zusätzlichen Abfälle.
  • Relevant: Arbeitsschutz. Die Arbeitsstättenverordnung und die Arbeitsstättenrichtlinie sowie die Vorgaben aus der Gefahrenstoffverordnung müssen eingehalten werden.
  • Relevant: Brandschutz. Der Antragsteller muss eine ausreichende Versorgung mit Löschwasser sicherstellen sowie Freiflächen für die Feuerwehr und entsprechende Pläne vorweisen.
  • Relevant: Betriebssicherheit und Betriebseinstellung. Hierbei gilt es zu kontrollieren, ob die für die Anlage notwendigen Prüfungen in das Projekt einbezogen wurden. Im Falle der toxischen Gase ist eine Prüfung der Dichtheit der Rohleitungen in regelmäßigen Abständen notwendig. Dies gilt für die Rohre, die das Gas vom Lager in das Gebäude leiten.

Die genannten Aspekte wurden anhand der „Checkliste Antragsunterlagen“ der Gewerbeaufsicht Baden-Württemberg erarbeitet (Gewerbeaufsicht Baden- Württemberg o. J.).

3.2       Das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG

Für den Fall, dass – je nach Verfahren – die jeweiligen Leistungs- oder Mengengrenzen aus der 4. BImSchV nicht überschritten werden, kann das vereinfachte Verfahren angewendet werden. Während das in 3.1 genannte Verfahren in § 10 BImSchG festgehalten ist, so findet sich das vereinfachte Verfahren in § 19 BImSchG.

Das vereinfachte Verfahren weist einen gravierenden Vorteil auf: Laut § 19 Abs. 2 sind § 10 Abs. 2, 3, 3a, 4, 6, 7 Satz 2 und 3, Abs. 8 und 9 nicht anzuwenden.

Damit entfällt die Veröffentlichung. In der Folge erhält die Öffentlichkeit keine Möglichkeit, Einwände in Form eines Einspruches geltend zu machen. Es kommt demnach nicht zu einer Aussprache oder einer Diskussion der jeweiligen Einwände.

Gleichermaßen wie nach § 10 BImSchG muss der Antragsteller zunächst den Antrag an die Behörde übermitteln. Diese kontrolliert dessen Vollständigkeit: Beim vereinfachten Verfahren ist der Umfang gegenüber dem Verfahren nach §

10 BImSchG nicht reduziert. Nach einer Prüfung kann die Behörde die entsprechende Genehmigung erteilen. Im Falle des vereinfachten Verfahrens hat die Behörde rund drei Monate Zeit, um die Anlage zu genehmigen.

3.3       Besonderheiten im Genehmigungsverfahren

Im Folgenden sollen diverse Besonderheiten näher betrachtet werden, die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach BImSchG beachtet werden müssen.

3.3.1        Störfallrechtliches Genehmigungsverfahren

Es gilt außerdem zu beachten, dass das vereinfachte Verfahren nicht immer angewandt werden kann. Es gilt nicht für Anlagen, die einem Betriebsbereich angehören oder gar selbst nur ein Bereich sind. Außerdem solche Anlagen, bei denen eine Gefahrenerhöhung oder ein unangemessener Sicherheitsabstand aufgrund von störfallrelevanten Änderungen vorliegt. Dabei ist es irrelevant, ob dieser Zustand erstmalig oder wiederholt zustande gekommen ist. Hier muss das Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG angewendet werden. Wie bereits erwähnt, kann bei diesem störfallrelevanten Genehmigungsverfahren nicht die gesamte Öffentlichkeit ihre Einwände einbringen, sondern lediglich solche Personen oder auch Gruppierungen, die unmittelbar von dem Vorhaben betroffen sind. Außerdem entfällt beim störfallrelevanten Genehmigungsverfahren der Erörterungstermin zwischen Antragsteller, Behörde und einer Person oder Gruppierung, die Einwände vorzubringen hat.

Störfallrelevante Änderungen sollen den Fokus des zweiten Teils der vorliegenden Arbeit darstellen.

3.3.2        Sonderregelungen für Anlagen nach Industrieemissionsrichtlinie

Anhand des Anhang 1 der 4. BImSchV muss zunächst die Art des Genehmigungsverfahrens ermittelt werden. Dies gibt an, ob eine Anlage generell über die Industrieemissionsrichtlinie beurteilt und schlussendlich genehmigt werden muss. Dabei ist vor allem Spalte d im Anhang 1 der 4. BImSchV zu beachte. Findet sich in der zur Anlage gehörigen Spalte der Buchstabe „E“ wieder, so muss die Anlage auf Basis von Art. 10 der RL 2010/75/EU – der Industrieemissionsrichtlinie – bewertet werden.

Muss die Anlage entsprechend der Industrieemissionsrichtlinie bewertet werden, so kommt zusätzlich zu dem in Kapitel 3.1 erläuterten Genehmigungsverfahren außerdem die Anforderung nach einem Ausgangszustandsbericht hinzu. Dies ist in § 10 Abs. 1a BImSchG vermerkt. Anhand dessen kann es später zu einer möglichen Rückführungspflicht kommen, nachdem der Betrieb der Anlage eingestellt wurde (Malitz 2012). Der Betreiber der Anlage kann daraufhin jeweils den Zustand zum Zeitpunkt der Einstellung des Betriebs mit dem Ausgangszustand vergleichen. Zeigen sich in diesem Vergleich Verschmutzungen des Bodens oder Grundwassers beispielsweise durch gefährliche Stoffe, so muss der Betreiber für die Herstellung des ursprünglichen Zustandes aufkommen (IHK 2017).

Im Gegensatz zum in Kapitel 3.1 beschriebenen Genehmigungsverfahren hat die Öffentlichkeit im Genehmigungsverfahren nach IE-Richtlinie eine längere Frist, um mögliche Einwände einzubringen. Diese dauert bis zu einem Monat nach dem Ablauf der Auslegungsfrist an und ist in § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG geregelt.

Auch für die Genehmigung der IE-Anlage gilt, dass der Genehmigungsbescheid im Web veröffentlicht werden muss – jedoch ohne die Antragsunterlagen und den Ausgangszustandsbericht. Hinzu kommt das maßgebliche BVT-Merkblatt der betroffenen Anlage.

Der Betreiber ist verpflichtet, einen Bezug zu einem BVT-Merkblatt herzustellen. Auf diese Weise soll laut BImSchG der aktuelle Stand der Technik in der IE- Anlage zur Anwendung kommen. Dieser Stand ist in den BVT-Merkblättern gemeinsam mit den BVT-Schlussfolgerungen gegeben. Erstere sind europaweit gültig und beinhalten die folgenden Informationen:

  1. die zum aktuellen Zeitpunkt effizienteste, verfügbare Technik sowie deren Beschreibung und Informationen zur Bewertung der Anwendbarkeit,
    1. die Emissionswerte dieser Technik
    1. Überwachungsmaßnahmen, die zu Nr.1 und Nr.2 gehören
    1. zugehörige Verbrauchswerte zu Nr. 1 und Nr. 2
    1. einschlägige Standortsanierungsmaßnahmen (IHK 2017)

Unabhängig davon, ob es sich um eine neue BVT-Schlussfolgerung einer bestehenden oder neuen Anlage handelt, sollte nach spätestens vier Jahren erneut ermittelt werden, ob die aktuelle Technik durch neue Modelle ersetzt werden kann.

Wie beschrieben stellen Anlagen nach IE-Richtlinie im Genehmigungsverfahren einen Sonderfall dar. Dies gilt auch für deren Überwachung durch die Behörden. Diese sind dazu verpflichtet, einen Überwachungsplan und ein Überwachsungsprogramm auf Grundlage von § 52a BImSchG zu erstellen und darin Folgendes zu beachten:

  • Durchführen von Besichtigungen vor Ort
  • Überwachung der entstehenden Emissionen
  • Kontrolle von internen Berichten und auch Folgedokumenten
  • Überprüfung, ob eine Eigenkontrolle eingehalten wird
  • Bewertung der Technikprüfung
  • Prüfung der Eignung des Umweltmanagements der gesamten Anlage, um die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1BImSchG (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz 2014) sicherzustellen

3.3.3        Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)

Ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist, entscheidet, wie im Falle der Ermittlung des Genehmigungsverfahrens nach BImSchG, das Verfahren sowie die Produkt- bzw. Eduktmenge.

Anhand der UVP kann eine Behörde frühzeitig sicherstellen, dass ein Projekt keine negativen Umweltauswirkungen haben wird. Es gilt, mögliche Auswirkungen zu einem frühen Zeitpunkt zu identifizieren und zu bewerten. Auf Basis der fertigen UVP kann die Behörde das weitere Genehmigungsverfahren durchführen (O A o. J.).

Für das als Beispiel des gewählten Gaslagers gilt das in Abbildung 4 beschriebene Verfahren. Auf diese Weise kann festgestellt werden, ob eine UVP durchzuführen ist. Außerdem zeigt die Abbildung, welche Form der UVP im jeweiligen Fall anzuwenden ist.

Zunächst muss in Schritt 1 eine Zuordnung des Gaslagers zu einem Vorhaben nach Anlage 1 UVPG stattfinden. Dazu wurden in Kapitel 1.4 bereits die entsprechenden Rahmenbedingungen und Mengenangaben beschrieben. Es ergibt sich, dass Nummer 9.3.2 oder 9.3.3 aus der Tabelle in Anlage 1 UVPG angewendet werden müssen. Im Anschluss daran kann anhand von Tabelle 2, Mengenschwellen nach der 4. BImSchV, eine weitere Einschränkung erfolgen. Diese gibt vor, dass nur solche Stoffe die Mengenschwelle der Spalte 3 Anhang

2 BImSchV überschreiten, die nach CLP-Verordnung in die Gefahrenklasse

„akute Toxizität“ der Kategorie 1 oder 2 fallen. Demnach können nicht alle Stoffe über Nr. 9.3.3 Anlage 1 UVPG abgedeckt werden, sodass 9.3.2 Anlage 1 UVPG angewendet werden muss. Es kommt zum Prüfverfahren „A“. Dies ist eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach §7 Absatz 1 Satz 1 UVPG, in dem die entsprechende Behörde in einer allgemeinen Vorprüfung ermittelt, ob eine UVP-Pflicht vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn das Neuvorhaben eine erheblich nachteilige Umwelteinwirkung bedingt.

Daneben bietet das UVPG zwei weitere Prüfverfahren: Vorhaben mit der Kennzeichnung „X” und Vorhaben mit der Kennzeichnung „S“. Erstere sind UVP- pflichtig. Für die mit einem „S“ gekennzeichneten Verfahren muss eine standortbezogene Einzelfallprüfung nach § 7 Absatz 2 stattfinden.

4 Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG

Um eine vollständige Genehmigung einer Anlage zu bewirken, müssen Betreiber in der Regel mehrere Genehmigungsverfahren anstoßen. Beispiele sind eine Baugenehmigung, eine wasserrechtliche Genehmigung und eine naturschutzrechtliche Ausnahme (O A 2020a). Als Konsequenz der verschiedenen Genehmigungsverfahren kommt es zu einem hohen Verwaltungsaufwand, der durch § 13 BImSchG verringert werden soll. Daraus geht hervor, dass im Rahmen einer Genehmigung nach BImSchG weitere Verfahren zu der Anlage abgewickelt werden können (Bühler 2016a). Nichtsdestotrotz gibt es hier Ausnahmen zu Genehmigungen, die nicht über BImSchG beantragt werden können. Daraus resultiert eine gesamthafte Genehmigung der Anlage durch die Behörde.

Ausnahmen zur Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG sind:

  • Genehmigungsverfahren durch atomrechtliche Vorschriften
    • Wasserrechtliche Vorschriften und Genehmigungen nach §§ 6, 7 und 7a WHG (Bühler 2016a)

4                 Beteiligung der Behörden

Um wie beschrieben mehrere genehmigungspflichte Verfahren gemeinsam zu durchlaufen, muss die zuständige Behörde zunächst eine Stellungnahme der betroffenen anderen Behörden einholen. Dies muss bereits während der fachlichen Prüfung und noch vor der Erstellung des Genehmigungsbescheids erfolgen. Geregelt ist dies in § 10 Abs. 5 Satz 1 BImSchG. Außerdem muss die Behörde die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen durch Nebenbestimmungen prüfen. Aspekte, die nicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens berücksichtigt werden können, müssen entsprechend kommuniziert werden. Im Fall eines UVP-pflichten Vorhabens muss die Behörde außerdem die Auswirkungen auf betroffene Schutzgüter einschätzen (Dr. Mang 2017).

Im Rahmen dessen müssen Behörden an Anhörungen teilnehmen und das Einvernehmen bzw. ihre Zustimmung an Genehmigungsverfahren erteilen (Dr. Mang 2017).

Über die Genehmigung einer neuen Anlage hinaus muss die zuständige Landesbehörde auch die Wartung bereits genehmigter Anlagen überwachen. In der Regel ist dies im Rahmen von regelmäßigen Überwachungen des genehmigten Zustandes der Fall. Außerdem können Kontrollen in den folgenden Fällen notwendig werden:

  • Der Verdacht liegt nahe, dass die unmittelbare Nachbarschaft und die Allgemeinheit nicht ausreichend geschützt ist
    • Aufgrund einer wesentlichen technischen Neuerung ist eine Verminderung der Emission möglich
    • Durch    beispielsweise   neue    Technik    ist    eine    Verbesserung   der Betriebssicherheit notwendig
    • Es liegen neue umweltrechtliche Vorschriften vor

5 Anwendung der Störfallverordnung am Fallbeispiel

Um wie beschrieben mehrere genehmigungspflichte Verfahren gemeinsam zu durchlaufen, muss die zuständige Behörde zunächst eine Stellungnahme der betroffenen anderen Behörden einholen. Dies muss bereits während der fachlichen Prüfung und noch vor der Erstellung des Genehmigungsbescheids erfolgen. Geregelt ist dies in § 10 Abs. 5 Satz 1 BImSchG. Außerdem muss die Behörde die Erfüllung der Genehmigungsvoraussetzungen durch Nebenbestimmungen prüfen. Aspekte, die nicht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens berücksichtigt werden können, müssen entsprechend kommuniziert werden. Im Fall eines UVP-pflichten Vorhabens muss die Behörde außerdem die Auswirkungen auf betroffene Schutzgüter einschätzen (Dr. Mang 2017).
Im Rahmen dessen müssen Behörden an Anhörungen teilnehmen und das Einvernehmen bzw. ihre Zustimmung an Genehmigungsverfahren erteilen (Dr. Mang 2017).
Über die Genehmigung einer neuen Anlage hinaus muss die zuständige Landesbehörde auch die Wartung bereits genehmigter Anlagen überwachen. In der Regel ist dies im Rahmen von regelmäßigen Überwachungen des genehmigten Zustandes der Fall. Außerdem können Kontrollen in den folgenden Fällen notwendig werden:
• Der Verdacht liegt nahe, dass die unmittelbare Nachbarschaft und die Allgemeinheit nicht ausreichend geschützt ist
• Aufgrund einer wesentlichen technischen Neuerung ist eine Verminderung der Emission möglich
• Durch beispielsweise neue Technik ist eine Verbesserung der Betriebssicherheit notwendig
• Es liegen neue umweltrechtliche Vorschriften vor

6 Anwendung der Störfallverordnung am Fallbeispiel

Zum Zeitpunkt der Analyse gilt das als Fallbeispiel ausgewählte Unternehmen, die Peter GmbH, nicht als Anwendungsbereich der Störfallverordnung. Ein Projekt, was diesen Status ändern könnte, ist die geplante Erweiterung der Lagerkapazitäten. Die zusätzlichen Stoffmengen werden in Tabelle 3 „Störfallrelevante Stoffe nach Anhang I12.BImSchV“ dargestellt. Diese Übersicht ist Bestandteil der Genehmigungsunterlagen

Abbildung 4 zeigt den geplanten Umbau mit den neuen Lagerbereichen. Dabei handelt es sich um eine Erweiterung der bestehenden Bereiche. Die neuen Lagerbereiche sind überdacht und sollen mitunter für die Lagerung akut toxischer Stoffe verwendet werden. Die zur Genehmigung relevanten Themen nach BImSchG und 4. BImSchV sollen nicht weiter berücksichtigt werden, da die Verfahrensweise bereits im ersten Teil der vorliegenden Arbeit erläutert wurde.

6.1       Vorbereitung der einzureichenden Unterlagen

Zur bestimmungsgemäßen Genehmigung der Erweiterung müssen die folgenden Punkte betrachtet werden. Der Antragsteller sollte darum bemüht sein, umfassende Unterlagen einzureichen, sodass die genehmigende Partei einen ausreichenden Überblick über das Projekt erhalten kann. Dazu sollten die folgenden Unterlagen eingereicht werden:

  • Anschreiben mit Allgemeiner Beschreibung des Vorhabens

Aus der allgemeinen Beschreibung sollte hervorgehen, dass das Projekt einen Betriebsbereich der oberen bzw. unteren Klasse einschließt. Außerdem sollten die Menge und die Art der vorhandenen, gefährlichen Stoffe angegeben sein.

  • Angaben zur den beabsichtigten Stoffen mit Bezug zu Anhang I
  • Angaben zu sicherheitsrelevanten Anlagenteilen SRA
  • Angaben zu sicherheitsrelevanten Teilen des Betriebsbereich SRB
  • Angaben   zur   sicherheitstechnischen   Ausführung   der    Anlagen   des Betriebsbereichs

In der Ausführung sollten solche Einrichtungen genannt werden, die bei ihrem bestimmungsgemäßen Betrieb einen Störfall oder die Emission von Stoffen verhindern. Die Grundlage dafür bietet Anhang I 12.BImSchV. Hinzu kommen solche Einrichtungen, die dem Schutz vor einer Explosion oder dem Brandschutz dienen. Dazu gehören auch Brandschutzanlagen.

  • Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen (freiwillig)
  • Der Sicherheitsbericht nach § 9 12.BImschV bei Betriebsbereichen der oberen Klasse

Durch einen Sachverständigen kann eine sicherheitstechnische Betrachtung sowie systematische Gefahrenanalyse erfolgen.

6.2       Sinnvolles Vorgehen des Betreibers

Der Betreiber sollte in einem ersten Schritt Unterlagen gewissenhaft anfertigen. Dazu können die Abbildung 6 „Störfallrelevanter Anzeigeweg“, der Anhang I sowie Tabelle 3 „Tabelle 3: Störfallrelevante Stoffe nach Anhang I 12. BImSchV“ verwendet werden. Diese geben Aufschluss darüber, ob der zu beantragende Betriebsbereich als untere oder obere Klasse betrachtet werden muss. Diese Einstufung kann anhand der Bewertung aus Tabelle 4 „ Bewertung unter Berücksichtigung Anhang I Punkt 5“ nachvollzogen werden. Für den Fall der Einstufung in die untere Klasse muss die Änderung nach § 3 Abs. 5b gemäß § 7

12. BImSchV eingereicht werden; für die obere Klasse nach § 3 Abs 5b mit Vorlage eines Sicherheitsbericht gemäß § 4 Abs. 2 der 9 BImSchV in Verbindung mit der 12. BImSchV. Das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen ist nach § 29a BImSchG für die obere Klasse verpflichtend und für die untere Klasse wünschenswert. Aus diesem Paragraphen geht ebenfalls ein Sicherheitsabstand hervor, den der Betriebsbereich zu Wohngebieten oder auch öffentlichen Gebäuden und Gebieten einzuhalten hat. Dieser wird als Sicherheitsabstand oder auch Achtungsabstand bezeichnet und ist im KAS 18 des Art. 13 der Seveso-III-Richtlinie festgehalten (Verfahrenshandbuch zum Vollzug des BImSchG 2010). Als weiteren Punkt sollte der Antragsteller eine Beschreibung des Betriebsbereiches und der davon ausgehenden Gefahren einschließen. Hier empfiehlt sich eine chronologische Darstellung mit einer abschließenden Betrachtung der sicherheitsrelevanten Anlagenteile (SRA) und der sicherheitsrelevanten Teile des Betriebsbereiches (SRB). Die gesammelten Daten werden in einem Sicherheitsbericht nach § 9 der 12. BImSchV für Betriebsbereiche der oberen Klasse notiert.

Die folgende Tabelle gibt eine Auflistung der verschiedenen Gefahrenkategorien auf Basis der in der Firma gelagerten Stoffe. Die beiden Spalten „Gesamtmenge“ geben jeweils die Mengen für die untere bzw. obere Klasse an. In der Spalte

„Gesamtmenge Betriebsbereich“ wird dargestellt, welche Menge das Unternehmen plant, zukünftig zu lagern. Die 12. BImSchV Anhang I gibt vor, die Summe der Einzelquotienten q1/Q1 + … q9/Q9 zu addieren. Ist die so ermittelte Summe ≥ 1, ist der neue Betriebsbereich der oberen Klasse zuzuordnen. Das vorliegende Beispiel fällt demnach in die obere Klasse. Daraus ergeben sich Maßnahmen, welche im Kapitel 6.2 näher beschrieben werden sollen.

6.3       Sinnvolles Vorgehen der beteiligten Behörden

Die beteiligten Behörden haben drei unterschiedliche Aufgabenbereiche. Zunächst gilt die Vollständigkeit der eingereichten Unterlagen zu prüfen. Im gewählten Fallbeispiel stammen diese vom Unternehmen Schnüffel. Außerdem müssen die Fristen und Aushänge zur Information der Öffentlichkeit nach § 8a eingehalten werden. Zusätzlich kommt es auf Basis der Baunutzungsverordnung des BauNVO zu einer Prüfung der Raumordnung nach der 12. BImSchV. Darin ist die Bebauung geregelt. Mögliche Vorhaben sind Wohnbaufläche (W), Kleinsiedlungsgebiete (WS), reine Wohngebiete (WR), allgemeine Wohngebiete (WA), Gebiete mit Mischnutzung (MI) und Gewerbe- (GE) sowie Industriegebiete (GI). Die dazugehörige Hilfestellung „Berücksichtigung des Art. 12 der Seveso-II- Richtlinie“ soll in Kapitel 7 näher betrachtet werden.

6.4       Pflichten des Betreibers

Es ist der Betreiber selbst, der in erster Linie für eine Risikominimierung seines betrieblichen Handelns verantwortlich ist. Er muss mögliche Gefahren erkennen und auf ein akzeptables Risiko minimieren. Die Maßnahmen, die er dazu ergreift, sind im Sicherheitsbericht festzuhalten. Dieser muss ebenfalls im Rahmen der Genehmigung eingereicht werden. Dazu gehören auch Alarm- und Gefahrenabwehrpläne, die auf Basis einer chronologischen Gefährdungsbeurteilung entstanden sind. Sie enthalten solche Maßnahmen, die ein beschriebenes Ereignis verhindern können. Ereignis ist hier mit Störfall gleich zu setzen. Außerdem sind solche Maßnahmen aufgeführt, die die Auswirkung des Störfalls begrenzen oder die zur Gefahrenabwehr herbeigeeilten Kräfte unterstützen kann. Hinzu kommt die Verpflichtung des Unternehmens, die genannten Sicherheitseinrichtungen zu installieren und deren Funktionalität beständig zu überprüfen. Die genannten Punkte können durch die Behörde jederzeit beim Betreiber angefragt werden, welche den Wahrheitsgehalt seiner Angaben vorzeigen muss. Auch muss der Betreiber ein Sicherheitsmanagement in seinem unternehmerischen Handeln einführen, welches Maßnahmen aus dem Alarm- und Gefahrenabwehrplan enthält. Diese sollten in Abständen von fünf Jahren validiert und wenn nötig angepasst werden. Auf diese Weise entsteht das gesamte Konzept zur Verhinderung von Störfällen.

Die Pflichten aus der 12. BImSchV ergeben sich wie folgt:

·         § 3 Allgemeine Betreibervorschriften

  • Der Betreiber muss all jene Maßnahmen treffen, die er realisieren kann, um Störfälle zu vermeiden.
    • Der     Betreiber     muss     die     möglichen     Auswirkungen    der Gefahrenquelle für die Umwelt und den Betrieb betrachten,
    • um diese auf einem geringen Niveau zu halten
    • Der     entsprechende    Betriebsbereich     muss     dem     aktuellen Sicherheitsstandard entsprechen.
    • Vorgeschriebene     Sicherheitsabstände     müssen     eingehalten werden.

·         § 4 Anforderungen zur Verhinderung von Störfällen

  • Aus § 3 Absatz 1 ergibt sich die Pflicht für den Betreiber, die Brand- und Explosionsgefahr durch geeignete Maßnahmen zu reduzieren.
    • Durch geeignete Maßnahmen muss die Emission gefährlicher Stoffe verhindert werden.
    • Der Betreiber muss Warn-, Alarm- und Sicherheitsausrüstung anbringen.

·         § 5 Anforderungen zur Begrenzung von Störfallauswirkungen

  • Der Betreiber muss nach § 3 Abs. 3 Maßnahmen durchführen, um die Beschaffenheit der Fundamente und der tragenden Bauteile zu sichern. Diese dürfen keinen möglichen Störfällen ausgesetzt sein. Außerdem muss der Betriebsbereich mit sicherheitstechnischen Einrichtungen versehen werden. Zu den Maßnahmen gehören auch organisatorische Schutzvorkehrungen.
    • In einem Störfall muss der Betreiber sicherstellen, dass die zuständigen Behörden und Einsatzkräfte zur Gefahrenabwehr informiert werden. Außerdem muss er diese sachkundig beraten.

·         § 6 Ergänzende Anforderungen

  • Laut § 3 Abs. 1 oder 3 muss der Betreiber über die in §§ 4 und 5 genannten Anforderungen hinaus die sicherheitsrelevanten Anlagen prüfen. Dazu zählt deren Errichtung gleichermaßen wie der Betrieb. Die Anlagen im Betriebsbereich müssen außerdem überwacht und regelmäßig nach dem aktuellen Stand der Technik gewartet werden. Mögliche Fehlbedienungen müssen evaluiert und verhindert werden. Dazu bedarf es fachkundigem und geschultem Personal.
    • Gemäß § 15 ist der Betreiber dazu verpflichtet, zu den festgelegten Betriebsbereichen alle Informationen mit den zuständigen Behörden auszutauschen. Damit sind diese in der Lage, Konzepte für den Störfall bzw. die Verhinderung des Störfalls auszuarbeiten. In ihrem Sicherheitsmanagementsystem können diese Sicherheitsberichte, Alarm- und Gefahrenabwehrpläne verankern und diese an die Art und das Ausmaß der Gesamtgefahr

anpassen.

  • Die Behörde hat zu jedem Zeitpunkt das Recht, alle erforderlichen Unterlagen beim Betreiber einzusehen. Nur so kann sie im Störfall sachkundig urteilen und die Wahrscheinlichkeiten für Störfälle ermitteln. Auch die möglichen Auswirkungen können so ermittelt werden. Die Behörde kann in diesem Fall die eingesetzten Stoffe bewerten und entsprechende Vorkehrungen auf Basis der physikalischen Eigenschaften treffen.

·         § 7 Anzeige

  • Einen Monat vor Beginn der Errichtungsmaßnahmen muss der Betreiber nach § 3 Absatz 5b des Bundes- Immissionsschutzgesetzes Folgendes melden.
    • Er muss die Anschrift des Betriebsbereichs, den eingetragenen Firmensitz, Bezeichnung und Funktion des Betriebsbereiches und die Verantwortlichen benennen. Hinzu kommen Menge und Gefahrenkategorien der gefährlichen Stoffe.
    • Daten, die die unmittelbare Umgebung des Betriebsbereiches umschreiben. So kann der Dominoeffekt verhindert werden.

·         § 8 Konzept zu Verhinderung von Störfällen

  • Vor der Inbetriebnahme der Einrichtung muss ein Konzept zur Verhinderung von Störfällen schriftlich auf Verlangen der zuständigen Behörde vorgelegt werden. Handelt es sich um einen Betriebsbereich der oberen Klasse, so muss dies im Sicherheitsbericht bereits enthalten sein.
    • Das Ziel des Konzeptes ist es, die Umwelt und die Gesundheit der Menschen zu schützen. Dieses Ziel ist als übergeordnetes zu verstehen und dient als Handlungsgrundsatz, um die Sicherheit und die Verantwortung der leitenden Angestellten zu optimieren.
    • Das Sicherheitsmanagementsystem muss durch den Betreiber anhand angemessener Mittel und Strukturen aktualisieren. Dies ist in Anhang III geregelt. Diese Aktualisierung sollte alle fünf Jahre, vor Anzeige § 7 Absatz 3 oder unverzüglich nach einem Ereignis nach Anhang IV Teil 1 geschehen.

·         § 8a Informationen für die Öffentlichkeit

  • Laut Anhang V Teil 1 muss der Betreiber der Öffentlichkeit wichtige Angaben zugänglich machen. Dazu gehören störfallrechtliche Änderungen nach § 3 Absatz 5b des Immissionsschutzgesetzes, welche regelmäßig aktualisiert werden müssen.

Außerdem gelten für einen Betriebsbereich der oberen Klasse die folgenden, erweiterten Pflichten wie folgt:

·         § 9 Sicherheitsbericht

  • Für einen Betriebsbereich der oberen Klasse muss der Betreiber einen Sicherheitsbericht nach Absatz 2 anfertigen. Darin enthalten sind ein Konzept zur Verhinderung von Störfällen und ein passendes Systemmanagementsystem gemäß Anhang III. Dazu muss der Betreiber Szenarien für mögliche Störfälle entwickeln und daraus Maßnahmen zu deren Verhinderung ableiten. Ziel ist es, Umwelt- und Gesundheitsschäden zu minimieren. Der Betreiber beschreibt daher die Auslegung, den Betrieb und auch die Wartung aller Bestandteile des Betriebsbereiches sowie deren Zusammenspiel. Er legt dar, dass die Bereiche sicher und zuverlässig sind.
  • Aus dem Sicherheitsbericht gehen mindestens die in Anhang II gelisteten Angaben und Informationen hervor. Alle Betriebsbereiche werden in einem Verzeichnis genannt und deren gefährliche Stoffe den Bezeichnungen und der Einstufung in Spalte 2 der Stoffliste aus Anhang I zugeordnet.

·         § 10 Alarm- und Gefahrenabwehrpläne

  • Laut Satz 2 muss der Betreiber beim Betrieb der oberen Klasse interne Alarm- und Gefahrenabwehrpläne vorweisen. Anhang IV gibt die dazu notwendigen Informationen. Die Pläne müssen den involvierten Behörden zur Verfügung gestellt werden, sodass externe Alarm- und Abwehrpläne erarbeitet werden können.
    • Diese Alarm- und Abwehrpläne muss der Betreiber an seine Mitarbeiter weitergeben. Dies muss vor der Aufnahme der Beschäftigung stattfinden und im Rhythmus von drei Jahren wiederholt werden. Dies gilt auch für eingesetzte Subunternehmen.

·         § 11 Weitergehemde Informationen der Öffentlichkeit

  • § 8a Absatz 1 gibt vor, dass der Betreiber beim Betrieb in der oberen Klasse der Öffentlichkeit Informationen zugänglich machen muss. Diese Informationen sind in Anhang V Teil 2 vorgegeben. Alle Angaben müssen beständig aktualisiert werden. Laut § 3 Absatz 5b des Bundes Immissionsschutzgesetz sind die Angaben einen Monat vor Inbetriebnahme oder bei störfallrelevanten Änderungen zu veröffentlichen.
    • Anhang V Teil 1 und 2 enthält Angaben dazu, dass der Betreiber die Personen in der unmittelbaren Umgebung der Anlage, d.h. die Personen, die von einem Störfall betroffen sein können, über Sicherheitsmaßnahmen zu informieren. Außerdem muss er sie zum Schutz der Öffentlichkeit über das richtige Verhalten in einem solchen Fall instruieren.
    • Auch kann der Betreiber die Behörde dazu anhalten, Auszüge aus dem Sicherheitsbericht zu veröffentlichen. Dies ist in Artikel 4 der Richtlinie 2003/4/EG festgelegt. In diesem Fall muss der Betreiber dieser Anforderung nachkommen und den Bereich offen darlegen.

·         § 12 Sonstige Pflichten

  • Im Falle der oberen Klasse muss der Betreiber nach Anfrage der Behörde der Bitte nachkommen, eine Stelle zur permanenten Informationsweitergabe an die öffentliche Verwaltung zu benennen. Diese Verbindung muss jederzeit verfügbar und geschützt sein. Eine Person oder auch Einheit muss außerdem explizit damit beauftragt werden, im Fall die Begrenzung der Auswirkungen eines Störfalls einzudämmen. Diese Person bzw. Einheit muss an die zuständigen Behörden kommuniziert werden.

6.5       Pflichten der Behörde

Es ist die Aufgabe der Behörde, die Sicherheit für die Gesundheit der Menschen sicherzustellen. Dazu muss sie alle Rechtsgrundlagen prüfen, die dem Antrag enthalten sind. Nach dieser Überprüfung des Sicherheitsberichts muss sie den Betreiber auf Grundlage der Mitteilungspflicht darüber informieren. Auch muss die Behörde sicherstellen, dass kein Domino-Effekt eintritt, d.h. dass Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen, sodass ein Störfall nicht auf einen benachbarten Bereich übertragen werden kann. Ein weiterer Baustein ist die Kontrolle eines Überwachungssystems, welches eine ausgereifte und systematische Prüfung der technischen, organisatorischen und managementspezifischen Systeme des Betriebs sicherstellt. Für die genannten Punkte kann die Behörde außerdem einen Sachverständigen bestellen, der eine Kontrolle vor Ort vornimmt. Zusätzlich sollte die Behörde darin bestrebt sein, einen Erfahrungsaustausch mit den Betreibern der Betriebsbereiche aufrecht zu halten. Über diesen Wissensaustausch kann außerdem die Überwachung gefördert werden. Die gesamte Überwachung sollte in einem Überwachungsplan festgehalten werden, in dem die Zusammenarbeit der Überwachungsbehörden geregelt ist. Sowohl der Betreiber als auch die Behörde sollten den Sicherheitsbericht regelmäßig evaluieren und bei Notwendigkeit anpassen.

Die Pflichten der Behörde sind nach 12. BImSchV die folgenden:

·         § 13 Mitteilung gegenüber dem Betreiber

  • Bevor es zu einer Inbetriebnahme kommt bzw. nach einer Aktualisierung, muss die Behörde dem Betreiber die Überprüfung des Sicherheitsberichts nach § 9 Abs. 5 übermitteln. Darin enthalten sind die Überprüfung, die Ergebnisse der Prüfung, weitere Anforderungen und zusätzliche Informationen. Diese Übermittlung muss in einer angemessenen Frist nach Eingang des Sicherheitsberichts erhalten. Dies entfällt, sobald dies Teil eines anderen Verfahrens ist.

·         § 14 (aufgehoben)

  • § 15 Domino-Effekt
    • Die Behörde muss den Betreiber über jene Bereiche informieren, die aufgrund ihrer Lage, ihrer Abstände zueinander oder auch ihrer Anlagen und den vorhandenen, gefährlichen Stoffen, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für einen Störfall verantwortlich sein können. Außerdem muss sie bewerten, ob mögliche Folgen schwer oder gering zu beurteilen sind. Dazu nutzt sie die Angaben des Betreibers aus der Anzeige nach § 7 und den Sicherheitsbericht nach § 9.
    • Die Behörde muss dem Betreiber nach § 6 Absatz 2 die Informationen nach § 7 Absatz 1 Nummer 7 übermitteln.

·         § 16 Überwachungssystem

  • Über § 13 hinaus muss die zuständige Behörde ein angemessenes Überwachungssystem etablieren, welches in regelmäßigen Abständen systematisch die technischen, organisatorischen und managementspezifischen Systeme des Betriebsbereiches prüft. Auf diese Weise kann der Betreiber nachweisen, dass die angekündigten Maßnahmen zur Verhinderung eines Störfalls umgesetzt wurden. Außerdem müssen diese Informationen nach § 8a Absatz 1 und § 11 Absatz 1 veröffentlicht werden. Daraus muss entnommen werden können, dass die Informationen nach § 11 Absatz 3 erfolgt sind.
    • Nach einer jeden Besichtigung vor Ort muss die Behörde dem Betreiber in angemessenem zeitlichem Abstand einen Bericht darüber übermitteln. Stellt die Behörde dabei schwerwiegende Mängel, Ereignisse nach Anhang VI Teil 1 oder gravierende Verstöße gegen die Vorschriften der Verordnung oder anderen Rechtsvorschriften fest, so muss sie entsprechende Maßnahmen einleiten.
    • Die Behörde soll dafür Sorge tragen, dass im Rahmen des Erfahrungsaustausches eine Konsolidierung von Wissen hinsichtlich der Überwachung von Betriebsbereichen stattfindet.
    • Bei Bedarf kann die Behörde einen unabhängigen Sachverständigen mit einem Termin vor Ort beauftragen. Dieser unterstützt in diesem Fall die Erstellung des Berichts nach Absatz 2 Nummer 1 durch die Überprüfung der erforderlichen Maßnahmen.

·         § 17 Überwachungsplan und Überwachungsprogramm

  • Das Überwachungssystem gibt vor, dass die zuständige Behörde einen Überwachungsplan erstellen muss, indem der Aufbau und die Bewertung der Anlagensicherheit enthalten sind. Hinzu kommen ein Verzeichnis aller Betriebsbereiche aus dem Geltungsbereich, der Gruppen der Betriebsbereiche nach § 15 und der Bereiche, die durch ihre Umgebung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eine Gefahr darstellen bzw. die einen möglichen Störfall verschlechtern können. Außerdem müssen die Verfahren zur Aufstellung der Programme regelmäßig überwacht und die Zusammenarbeit zwischen den eingebundenen Behörden aktiv gestaltet werden.
    • Die Überwachungspläne müssen zunächst angefertigt und in angemessenen zeitlichen Intervallen aktualisiert werden. Als Zeiträume gelten hier ein Jahr für die oberen Betriebsbereiche und drei Jahre für die unteren. Ausnahmen können durch die Behörde getroffen werden.

4                 Berücksichtigung angrenzender Umgebung

Richtlinien für die angrenzende Umgebung sind in der Seveso II Richtlinie niedergeschrieben. Die unterzeichnenden Mitgliedstaaten verpflichten sich darin, den Sicherheitsabstand aus der Richtlinie zu darin definierten Schutzobjekten einzuhalten. Was genau unter dem angemessenen Sicherheitsabstand verstanden werden kann, wird vom Bundesverwaltungsgericht als einzelfallbezogen „anhand aller relevanten störfallrechtlichen Faktoren“, nach BVerwG, Urteil vom 20.12.2012, a.a.O. (Fußn.2), Rn. 16ff. beschrieben. Für das vorliegende Beispiel bedeutet dies das Folgende: Der angemessene Sicherheitsabstand nach Seveso II Richtlinie kann mit Hilfe einer Abstandsregelung gemäß KAS 18 ermittelt werden. Mit Blick auf die geplanten, gefährlichen Stoffe kann so identifiziert werden, dass der notwendige Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann und eine Genehmigung nicht zu erwarten ist (Verfahrenshandbuch zum Vollzug des BImSchG 2010). Da es die Pflicht der Behörde ist, die Menschen und die Einrichtungen in der unmittelbaren Umgebung zu schützen, erfolgt die Bewertung auf Grundlage der KAS 18. Diese enthält eine Tabelle mit dem notwendigen Achtungsabstand. Detailkenntnisse des jeweiligen Standortes sind hier nicht nötig. Die Betrachtung erfolgt auf Basis der Errichtung auf der grünen Wiese (Verfahrenshandbuch zum Vollzug des BImSchG 2010).

Die in rot gekennzeichnete Linie gibt den notwendigen Achtungsabstand an; die gelb markierten Stoffe sind diejenigen, die vom Unternehmen künftig eingelagert werden sollen. Durch die akute Toxizität der Stoffe ergibt sich ein Mindestabstand von 500 m. Die Umgebung des Betriebsbereiches beinhaltet in einem Radius von 500 m jedoch eine Industriestraße in Abstand von 250 m zum geplanten Lager und ein Naturschutzgebiet, das in 350 m Entfernung beginnt. Hinzu kommen in Entfernung von 550 m und 650 m jeweils Wohngebiete. Sowohl die Wohngebiete als auch das Naturschutzgebiet bedarf dem besonderen Schutz, sodass eine Genehmigung auf dieser Grundlage nicht zu erwarten ist. Mögliche technische Maßnahmen können hier als irrelevant betrachtet werden, da der notwendige Sicherheitsabstand unterschritten wird.

8                 Bedeutung für das Genehmigungsverfahren

Aus dem vorherigen Kapitel ergibt sich die Schlussfolgerung, dass die involvierte Behörde dem Betreiber kurzfristig mitteilen sollte, dass eine Genehmigung des neuen Betriebsbereiches nicht erfolgreich verlaufen wird. Zu diesem Schluss kommt auch eine Prüfung durch den Betreiber selbst. Der Betriebsbereich der oberen Klasse kann damit nicht an dem geplanten Standort realisiert werden. Eine Alternative besteht darin, dass das Unternehmen sich durch die Behörde eine mögliche Fläche auf Basis der Raumordnung zur Bauleitplanung zuweisen lässt. Dadurch wird das BImSchG Genehmigungsverfahren ausgelöst. Neben anderen Verfahren startet so das Verfahren nach der 12. BImSchV, welches in vorherigen Kapiteln dargestellt wurde. Die bisher erarbeiteten Alarm- und Gefahrenpläne können weiterhin verwendet werden. Das neue Gebiet sollte in sicherer Entfernung zu Wohngebieten gewählt werden. Auf diese Weise können weitere Verzögerungen aufgrund von Bedenken durch die Öffentlichkeit vermieden werden. Es ist davon auszugehen, dass Bürger der Lagerung gefährlicher Stoffe nicht ohne Skepsis gegenüberstehen.

9                 Fazit

Die vorliegende Arbeit hat aufgezeigt, welche Aspekte beim Genehmigungsverfahren nach BImSchG zu beachten sind. Dazu wurden fokussiert die einzelnen Schritte der Durchführung im Genehmigungsverfahren betrachtet. Als Beispiel wurde ein Gaslager für akut toxische und brennbare Gase gewählt. Die Analyse ergab, dass dafür das Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG angewandt werden muss. Außerdem gibt das UVPG eine Vorprüfung des Einzelfalls nach §7 Absatz 1 Satz 1 vor.

Darauf aufbauend konnte die jeweilige Störfallverordnung für das Fallbeispiel ermittelt werden. Gleiches gilt für die entsprechende Vorgehensweise. Im Rahmen der Ermittlung des notwendigen Sicherheitsabstandes des geplanten Gaslagers zu nahegelegenen Schutzobjekten konnte festgestellt werden, dass der geforderte Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Damit kann die Erweiterung des Gaslagers nicht genehmigt werden.

Unsachgemäßer Umgang mit Abfällen

1           Einleitung

Die vorliegende Projektarbeit widmet sich der Beschreibung der Pflichten eines Betreibers im Rahmen der Abfallentsorgung.

Die Abfallentsorgung stellt insbesondere für industrielle Betriebe eine große Herausforderung dar. Zahlreiche Vorschriften und Gesetze regeln die Einordnung von Abfällen, die Hierarchie ihrer Verwendung und weiteren Nutzung nach Verlust der ursprünglichen Zwecke sowie die Haftung im Falle eines Verstoßes gegen diese Vorschriften.

Kerngesetz der Systematik der Abfallwirtschaft bildet das Kreislaufwirtschaftsgesetz. Es enthält Regelungen über den Umgang mit Abfällen mit dem Ziel, eine Kreislaufwirtschaft zu erstellen, die die natürlichen Ressourcen schont und den Schutz der Gesundheit und der Umwelt fokussiert. Adressat dieser Vorschrift sind sowohl der Staat als auch Betreiber von Anlagen und gleichsam Privatpersonen.

Fragen, mehr Informationen nötig oder Hilfe? Gerne Kontakt aufnehmen zu uns: 📬 Kontaktformular

Das Gesetz wird jedoch von zahlreichen weiteren Vorschriften ergänzt und weiter konkretisiert. Insbesondere das Bundesimmissionsschutzgesetz enthält die gleichen Schutzzwecke und trifft Regelungen zu Verpflichtungen von Betreibern von Anlagen.

Neben diese die Schutzzwecke erfassenden Normen sind die Vorschriften zum Umweltstrafrecht zu beachten. Diese ermöglichen die Ahndung von Verstößen, die die Schutzziele beeinträchtigen.

Anhand eines vorgegebenen Sachverhaltes soll die vorliegende Projektarbeit die wichtigsten zu berücksichtigenden Aspekte im Rahmen der Entsorgung gefährlicher Abfälle benennen und beschreiben.

2            Festlegung des Anwendungsbereiches

Bei dem zu beurteilenden Gelände handelt es sich um einen Betrieb aus der chemischen Industrie, welcher Kunststoffe herstellt. Das Betriebsgelände befindet sich auf einem freien Gelände innerhalb eines Industriegebietes. Während des Umbaus seiner Anlage erzeugt der Betreiber unterschiedliche Abfälle, welche einzuordnen sind.

Die Anlage die hier betrieben wird, ist demnach nach der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung (4. BImSchV) genehmigungsbedürftig. Nach § 1 der Verordnung gilt dies für solche Anlagen, die in ihrem Anhang 1 aufgeführt sind. Die genannte Anlage wird von Nr. 4.1.8 des Anhanges erfasst und erfordert gemäß § 2 Abs. 2 4. BImSchV ein Genehmigungsverfahren gemäß § 10 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG).

Die vorliegenden Defizite hinsichtlich der ordnungsgemäßen Behandlung des Abfalles finden sich sowohl im Betrieb selbst, als auch auf dem Betriebsgelände. Nach § 1 Abs. 4 4. BImSchV sind auch Teile oder Nebeneinrichtungen einer Anlage zu dieser gehörig und unter Umständen gesondert genehmigungsbedürftig. § 1 Abs. 4 4. BImSchG umfasst insofern auch Rohstofflager, Reststofflager, Transporteinrichtungen, Abfall-, Verpackungs- und Verladeeinrichtungen und damit auch das Betriebsgelände. [1]

Durch die Notwendigkeit der Genehmigung seiner Anlage und der damit verbundenen Nebengebäude, treffen den Betreiber der Anlage die Pflichten des Betreibers genehmigungsbedürftiger Anlagen gemäß § 5 BImSchG. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG sind die Anlagen so zu errichten, dass Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohles der Allgemeinheit beseitigt werden.

Hinsichtlich der Verwertung und Beseitigung von Abfällen verweist § 5 Abs. 1 Nr. 3 auf die Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) und die sonstigen für die Abfälle gesetzlichen Vorschriften, so dass diese im weiteren Verlauf der Arbeit hinsichtlich der Lagerung, des Transportes und der Beseitigung des Abfalls Anwendung finden.

Weitere Vorschriften, die im Zusammenhang mit dem Sachverhalt stehen, sind die Abfallverzeichnisverordnung (AVV) und das Abfallverzeichnis hinsichtlich der Unterscheidung zwischen gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen, sowie die Nachweisverordnung in Ergänzung zum im KrWG geregelten Nachweisverfahren. Hinzu kommen bezüglich der Ahndung der Verstöße Vorschriften des Strafrechts und des Ordnungswidrigkeitenrechts.

3           Einstufung der Abfälle

Laut Sachverhalt besteht der Verdacht, dass abgelagerter Bauschutt sowohl mit Asbest als auch in Teilen mit PCB belastet ist.

Zudem befinden sich dort Big Bags mit asbesthaltigem Bauschutt sowie einige Mulden mit belasteter Dachpappe auf einer nicht gesicherten Fläche.

Bei der Klärung, ob es sich um Abfälle handelt und wie diese zuzuordnen sind, sollte wie folgt vorgegangen werden:

Fraglich ist zunächst, ob es sich hierbei um Abfälle handelt. Weiterhin ist zu beschreiben, wie der abgelagerte Bauschutt und die Big Bags aus Sicht des Abfallrechts zu bewerten sind.

Wie bereits erwähnt, ist auch bei genehmigungsbedürftigen Anlagen das KrWG anzuwenden. Nach § 3 Abs. 1 KrWG handelt es sich bei Abfällen um Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder muss. Insofern setzt das Gesetz einen Entledigungswillen voraus. Der Bauschutt wurde vorliegend vom Firmeninhaber abgelegt. Es ist nicht eindeutig, ob er sich seiner entledigen will. Zugleich ist der Entledigungswille nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 KrWG anzunehmen, wenn die ursprüngliche Zweckbestimmung des Gegenstandes wegfällt ohne dass ein neuer Verwendungszweck an seine Stelle tritt. Dies ist bei asbesthaltigem Bauschutt anzunehmen, so dass der Entledigungswille hier angenommen werden kann. Weiterhin kann hier § 3 Abs. 4 KrWG zugrunde gelegt werden, da es sich bei Asbest um einen Stoff handelt, der das Wohl der Allgemeinheit gefährdet. Folglich handelt es sich sowohl bei dem abgelagerten Bauschutt als auch bei den Big Bags mit asbesthaltigem Bauschutt und die Dachpappe um Abfälle im Sinne des KrWG.

Die Stoffe Asbest und PCB (polychlorierte Biphylene) werden weiterhin in der CLP- Verordnung als toxisch eingestuft.[2] Damit ist eine Verwertung nicht möglich, so dass die Abfalleigenschaft für sämtliche gelagerte Objekte zutrifft.

Im weiteren Schritt muss geprüft werden, ob es sich bei den Abfällen um gefährliche oder nicht gefährliche Abfälle im Sinne des Abfallrechts handelt. Grundsätzlich hat der Erzeuger von Abfällen seinen Abfall zu analysieren. Als Erzeuger gilt nach § 3 Abs. 8 Nr. 1 KrWG jede natürliche oder juristische Person, durch deren Tätigkeiten Abfälle anfallen.

Die Abfallanalyse kann auf unterschiedlichen Wegen stattfinden:

  • zunächst kann der Betreiber über das in der AVV als Anlage hinterlegte Abfallverzeichnis prüfen, ob die von ihm oder seiner Anlage verursachten Abfälle mit einer gefahrstoffrechtlichen Einstufung hinterlegt sind. Das Abfallverzeichnis unterteilt hierbei Abfälle in gefährliche und nicht gefährliche Abfälle.
  • Weiterhin ist über eine Regelvermutung eine Einstufung möglich. Hierbei kann auf Erfahrungswerte und Expertenwissen zurückgegriffen werden. Anlage III der Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen kann hier als Grundlage dienen. [3]
  • Die Analyse kann auch über Schwellenwerte erfolgen. Diese finden sich in Tabelle IV der Vollzugshilfe.[4]

Die vorliegende Einstufung erfolgt nach § 3 AVV. Dieser verweist auf die Kennzeichnung der Stoffe im Abfallverzeichnis. Die Kennzeichnung gefährlicher Abfälle erfolgt durch ein „*“. Hier finden sich unter Nummer 17 09 02* Bauteile, z.B. Dichtungen, die mit PCB gekennzeichnet sind, gekennzeichnet als gefährliche Abfälle. Auch asbesthaltiger Bauschutt wird unter der Nummer 17 06 05* als gefährlicher Abfall geführt.[5]

Es handelt sich demnach insgesamt um gefährliche Abfälle.

4           Pflichten des Betreibers bei der Entsorgung von Abfällen

Laut Sachverhalt hat der Firmeninhaber keinerlei Zulassung für den Umgang mit gefährlichen Abfällen. Weiterhin fehlt ihm eine Transportgenehmigung für Abfälle. Zudem scheinen ihm sämtliche Aspekte einer ordnungsgemäßen Beseitigung und Lagerung seiner Abfälle unbekannt zu sein.

Zunächst sollen die grundsätzlichen Pflichten des Betreibers bei der Bewertung und Entsorgung seiner Abfälle aufgezeigt werden.

Den Betreiber einer Anlage treffen gemäß § 5 BImSchG gewisse Betreiberpflichten. Auch nach § 13 KrWG richten sich die Pflichten eines Betreibers von genehmigungsbedürftigen Anlagen nach dem BImSchG. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG sind Abfälle durch den Betreiber so zu beseitigen, dass keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit entsteht. Gleichzeitig verweist das BImSchG in seinerseits wiederum im gleichen Paragrafen auf die Vorschriften des KrWG zurück. Das KrWG sieht grundsätzlich vor, dass die Bewirtschaftung von Abfällen natürliche Ressourcen, den Mensch und die Umwelt schont.

Der Betreiber hat jedenfalls sicherzustellen, dass er die Sicherheit der genannten Schutzziele gewährleistet.

Den Betreiber treffen auf der Grundlage von §§ 49, 50 KrWG vor allem die Registerpflicht sowie Nachweispflichten. Die zu berücksichtigen Aspekte sollen im weiteren Verlauf dieser Arbeit beschrieben werden. Weiterhin obliegt es dem Betreiber, die Entsorgungswege zu klären, Entsorgungsnachweise einzuholen und den Transport durch ein zugelassenes Unternehmen sicherzustellen.

In erster Linie obliegt es dem Firmeninhaber jedoch, den von ihm und seiner Anlage erzeugten Abfall zu analysieren und richtig zuzuordnen. Da diese Vorgehensweise bereits oben beschrieben wurde, wird die Beschreibung seiner Pflichten hier ab der Einhaltung der Abfallhierarchie beschrieben.

4.1       Abfallhierarchie

Um seiner Verantwortung zum Schutz der Umwelt und des Menschen als Betreiber gerecht zu werden, gilt es zunächst, als Erzeuger von Abfällen die sog. Abfallhierarchie einzuhalten. Diese findet sich in § 6 des KrWG und sieht folgende Reihenfolge im Umgang mit Abfällen vor:

–           die Vermeidung von Abfällen

–           die Vorbereitung zur Wiederverwendung

–           Recycling

–           sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung,

–           Beseitigung.

Im Rahmen der Abfallhierarchie ist grundsätzlich die Maßnahme zu wählen, die die Schutzziele Mensch und Umwelt weitestgehend schont.[6] Die Rangfolge zeigt, dass durch die Einhaltung der Abfallhierarchie Ressourcen geschont werden sollen und damit die sog. „Verwertungspflicht“ zu priorisieren ist.[7] Dennoch steht der Schutzzweck der Norm, nämlich der Schutz der Umwelt und des Menschen vor gesundheitsschädlichen Einflüssen, im Vordergrund. So ist hier zu beachten, dass § 7 Abs. 2 Satz 3 KrWG die Verwertungspflicht insofern einschränkt, als dass diejenige Maßnahme zu treffen ist, die den Erhalt der Schutzziele am ehesten gewährleistet.[8]

Die vorliegenden Stoffe Asbest und PCB werden als toxisch eingestuft, so dass davon ausgegangen werden kann, dass eine Beseitigung diesem Anspruch gerecht werden kann. Aufgrund der fehlenden Verwertbarkeit trifft den Inhaber folglich eine Beseitigungspflicht seiner Abfälle gemäß § 17 KrWG.

4.2       Nachweispflicht und Registerpflicht

Gemäß § 48 KrWG sind weitere besondere Anforderungen an die Entsorgung und Überwachung gefährlicher Abfälle zu stellen. Hierbei handelt es sich vor allem um die Nachweis- und die Registerpflicht.

Die Registerpflicht nach § 49 Abs. 1 KrWG trifft vor allem Entsorger von Abfällen. Jedoch ist diese Pflicht nach Absatz 3 der Vorschrift auch auf Erzeuger von gefährlich Abfällen zu. Der Betreiber der vorliegenden Anlage hat somit die Registerpflicht einzuhalten. Diese beinhaltet eine Registrierung der Menge, der Art und des Ursprungs des Abfalls sowie die Bestimmung, die Häufigkeit der Sammlung Beförderungsart und die Art der Beseitigung. Nach den Absätzen 4 und 5 der Regelung sind die Register für mindestens 3 Jahre zu verwahren und die Einhaltung der Registerpflicht ist ferner auf Verlangen der zuständigen Behörde nachzuweisen.

Eine weitere Pflicht hinsichtlich der Behandlung gefährlicher Abfälle ist die Nachweispflicht aus § 50 KrWG, welche für gefährliche Abfälle gilt. Die Nachweispflicht gilt zum einen gegenüber den Behörden, zum anderen auch im Verhältnis zwischen denjenigen Personen, die an unterschiedlichen Stellen mit der Entsorgung des Abfalls betraut sind, so z.B. zwischen Erzeuger und Entsorger des Abfalls.

Die Nachweispflicht beinhaltet folgende Elemente:

  • Vor Beginn der Entsorgung:
    • Erklärung des Erzeugers von Abfällen zur vorgesehenen Entsorgung
    • Entsprechende Annahmeerklärung des Abfallentsorgers
    • Bestätigung der Zulässigkeit der vorgesehenen Entsorgung durch die zuständige Behörde
  • Nach der Entsorgung:
    • Erklärung über den Verbleib der entsorgten Abfälle durch die Verantwortlichen.

Die Verpflichtung des vorherigen und anschließenden Nachweises fällt unter die Begriffe der „Vorab- und Verbleibskontrolle“.[9]

Die Erfordernisse der Nachweispflicht werden ferner durch die Nachweisverordnung (NachwV) konkretisiert. Diese ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 NachwV anwendbar zur Erfüllung der Nachweispflichten auf der Grundlage von § 50 Abs. 1 KrWG. Im Gegensatz zur Registerpflicht ist die Nachweispflicht von größerer rechtlicher Bedeutung: nach Wortlaut des KrWG ist der Nachweis der Behörde in jedem Fall vor Beginn der Entsorgung vorzulegen – und nicht erst auf ihr Verlangen.

4.3       Eigene Abfallentsorgungsanlage

Der Betreiber hätte ebenfalls die Möglichkeit, eine eigene Abfallentsorgungsanlage auf seinem Gelände einzurichten (§ 50 Abs. 2 KrWG) und würde hiermit einer Nachweispflicht ausweichen können. Hierzu müsste die eigene Entsorgungsanlage in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit der Anlage stehen, in denen die Abfälle angefallen sind. Ein solcher Zusammenhang kann angenommen werden, wenn die Anlagen auf demselben Betriebsgelände stehen.[10] Auch für diese Anlage wäre eine Genehmigung nach der 4. BImSchV notwendig. Hierbei soll auf die Nummern 8.12 und 8.14 des Anhanges zurückgegriffen sowie die dort genannten Schwellenwerte beachtet werden.

4.4       Entsorgungswege und Entsorgungsnachweise

Die Entsorgungswege für PCB sind eindeutig in der Verordnung über die Entsorgung polychlorierter Biphenyle, polychlorierter Terphenyle und halogenierter Monomethyldiphenylmethane (PCB/ PCT- Abfallverordnung) geregelt. Bei PCB handelt es sich um einen hochgiftigen Stoff, welcher zu erheblichen Schäden in der Umwelt und der Gesundheit führen kann. Dementsprechend gibt die PCB/ PCT- Abfallverordnung in ihrem § 2 Abs. 1 vor, dass der Besitzer diesen Stoff unverzüglich zu beseitigen hat. Weiterhin darf di Beseitigung gemäß § 2 Abs. 4 PCB/ PCT- Verordnung ausschließlich über eine durch das BImSchG zugelassene Anlage erfolgen.

Asbest ist aufgrund seiner krebserregenden Wirkung beim Menschen seit 1993 in Deutschland verboten. Insofern erfolgt die Entsorgung auch hier über gesonderte Deponien der Kreise oder Kommunen. [11] Wegen der stark krebsfördernden Wirkung des Feinstaubes sind in diesem Zusammenhang auch Vorschriften und Präventivmaßnahmen des Arbeitsschutzes bei der Entsorgung zu berücksichtigen. Hier ist insbesondere auf die TRGS 517 zurückzugreifen, welche Schutzmaßnahmen für die Tätigkeiten mit asbesthaltigen Stoffen beinhaltet.[12]

Wie bereits erwähnt, erfordert die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen ein Nachweisverfahren. Über dieses Nachweisverfahren wird im Rahmen der Vorabkontrolle ein Entsorgungsnachweis erteilt. Die Voraussetzungen hierfür sind in § 3 NachwV geregelt. Die Beantragung des Entsorgungsnachweises bei der zuständigen Behörde ermöglicht es dieser zu überprüfen, ob es über die gewählte Entsorgungsanlage rechtlich und technisch möglich ist, die betroffenen gefährlichen Abfälle so zu beseitigen, dass die Umwelt nicht belastet wird.[13] Die NachwV stellt hierzu in ihrer Anlage 1 auch die Formblätter zur Verfügung. Für die gefährlichen Abfälle in Form des asbesthaltigen und PCB- belasteten Bauschuttes ist die Führung eines Entsorgungsnachweises nach § 3 NachwV erforderlich. Ein Sammelentsorgungsnachweis nach § 9 NachwV ist auszuschließen, da die Stoffe weder den gleichen Abfallschlüssel haben, noch den gleichen Entsorgungsweg.

So sind für die Beantragung des Entsorgungsnachweises die in Anlage 1 Nr. 1 der NachwV genannten Formulare erforderlich. Der Nachweis erfüllt zunächst den Zweck der Vorabkontrolle und gibt Rechtssicherheit darüber, dass die gewählte Entsorgungsanlage und der gewählte Entsorgungsweg dem zu entsorgenden gefährlichen Abfall entsprechen.

4.5       Entsorgungsfachbetrieb

Neben den genannten Aspekten setzt eine ordnungsgemäße Entsorgung weiter voraus, dass die Entsorgung durch einen gemäß § 56 Abs. 2 KrWG zertifizierten Entsorgungsfachbetrieb erfolgt.

Die Voraussetzungen für eine Zertifizierung ergibt sich aus Absatz 3 des Paragrafen. Diese darf nur erfolgen, wenn der Betrieb die erforderlichen Anforderungen an seine Organisation und seine personelle und technische Ausstattung erfüllt. Gleichzeitig müssen seine Zuverlässigkeit und die Fach- und Sachkunde des Personals nachweisen. Das Zertifikat darf maximal 18 Monate gültig sein, so dass hier ein Managementsystem zur steten Prüfung der Erfordernisse einzuführen ist.

Die Pflichten zur Abfallentsorgung des Betreibers lassen sich zusammengefasst verbildlicht wie folgt darstellen:

5           Strafrechtliche und ordnungswidrigkeitenrechtliche Beurteilung

Die Begehung des Betriebes zeigte weiter Mängel in der Lagerung der nicht gefährlichen Abfälle auf. Dabei wurden die Lagermengen und die Lagerflächen weit überschritten. Zudem zeichnete sich die Situation durch erheblichen Baulärm und Baustaub aus. Augenscheinlich sind keine weiteren Schäden entstanden. Dennoch soll erläutert werden, welche ordnungs- und strafrechtliche Konsequenzen für den Betreiber entstehen können.

Der unsachgemäße Umgang mit Abfällen, sowohl mit gefährlichen als auch ungefährlichen, hat unter bestimmten Voraussetzungen zunächst einmal strafrechtliche Folgen für den Betreiber. Zunächst soll hierzu die Systematik der rechtlichen Folgen erläutert werden.

Bei der Prüfung von Verstößen sollte folgende Systematik eingehalten werden:

Die jeweiligen Konsequenzen reichen im Rahmen der einzelnen Normen reichen von Bußgeldern bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung. Dabei ist grundsätzlich zu unterschieden, ob es sich bei dem Verstoß um eine Straftat im Sinne des StGB handelt oder das betroffene Gesetz auf die Ahndung über das OWiG verweist. Diese Unterscheidung ist auch deshalb wesentlich, da bei Straftatbeständen die individuelle, persönliche Verantwortlichkeit im Vordergrund steht, wohingegen sich die Haftung für Ordnungswidrigkeit auch auf eine juristische Person erstrecken kann.

5.1       Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Umwelt

Der Schutzzweck der Regelungssystematik findet sich hauptsächlich in dem Schutz der Umwelt. Hierzu gliedern sich die Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Umwelt in drei Gebiete:

  • Umwelthaftungsrecht
  • Umweltordnungswidrigkeitenrecht
  • Umweltstrafrecht.

Hierbei ist zu beachten, dass sich die jeweiligen Regelungen in unterschiedlichen Vorschriften finden. So finden sich Vorschriften zur Umwelthaftung in unterschiedlichen Bundesgesetzen, die des Umweltstrafrechts im Strafgesetzbuch (StGB) unter §§ 324ff. Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten ist ein Verfahrensgesetz (OWiG), auf welches in unterschiedlichen Vorschriften verwiesen wird.

5.2       Rechtsfolgen und Maßnahmen zum Sachverhalt

Nachfolgend sollen die aus den Umständen des Sachverhaltes folgenden Maßnahmen und Rechtsfolgen dargestellt werden.

5.2.1    Beweissicherung

Die akute Beweissicherung kann durch Foto- und Videoaufnahmen erfolgen. Weiterhin kann ein Gutachter bestellt werden.

5.2.2    Maßnahmen der Behörde

Die Behörde kann zunächst eine sofortige Reduzierung der Lagermengen und Lagerflächen der nicht gefährlichen Abfälle veranlassen.

Weiterhin ist über § 14 Ordnungsbehördengesetz ein sofortiger Eingriff der Ordnungsbehörde möglich. Voraussetzung ist, dass es sich um eine bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit handelt, die es abzuwehren gilt.[1] Zunächst einmal wird durch die Überschreitung der Lagermengen und Lagerflächen gegen ggf. gegen im Vorfeld behördlich abgestimmte Grenzwerte verstoßen. Weiterhin können sich die Grenzwerte für die Lagermenge aus technischen Regeln ergeben, z.B. der TRGS 510. Unter der Annahme, dass der im Sachverhalt beschriebene Betrieb Gefahrstoffe lagert, kommt diese hier zur Anwendung. Wird hier mehr als die als Kleinmenge erlaubte Gesamtnettomasse von 1.500 kg überschritten, ist ein Gefahrstofflager erforderlich.[2] Insofern würde es sich um eine Gefahrerhöhung handeln, die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durch die Behörde rechtfertigen.

Weiterhin handelt es sich bei dem Vorhandensein des Baulärms um einen Verstoß gegen die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm handeln. Da es sich bei der im Sachverhalt genannten Firma um einen Betrieb in einem Industriegebiet handelt, liegt der Immissionsrichtwert nach Punkt 3.1.1. b) tagsüber bei 65dB. Mithilfe einer Messung kann hier vor Ort festgestellt werden, ob ein Verstoß vorliegt. In diesem Fall ist sich nach den in der Vorschrift genannten Maßnahmen zur Minderung des Baulärms zu richten.

Die Entsorgung von PCB- haltige Teilen ist abhängig von der Höhe des PCB- Gehalts. [3] Bei einem Gehalt von über 50 Milligramm je Kilogramm ist der Abfall zu beseitigen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift stellt eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 5 der PCB/PBT- Abfallverordnung dar.

Die Behördlichen Maßnahmen richten sich nach dem Verfahrensrecht im OWiG. Hier ist zu prüfen, inwieweit der Betreiber der Anlage die Verantwortung für das Vergehen trägt.

5.2.3    Verstoß gegen Registerpflichten

Laut Sachverhalt verfügt der Firmeninhaber nicht über die nach § 49 Abs. 1 KrWG nötigen Register hinsichtlich der vorhandenen gefährlichen Abfälle. Ein solcher Verstoß ist gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 10 KrWG als Ordnungswidrigkeit zu werten. Aufgrund fehlender Zuordnung einer Zuständigkeit durch das Gesetz ist nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 b) das fachlich zuständige Bundesministerium mit der Ahndung des Verstoßes betraut.

Auch hier richtet

5.2.4    Strafrechtliche Folgen wegen unsachgemäßer Entsorgung von gefährlichen Abfällen

Wie oben bereits erörtert, hat der Firmeninhaber gefährliche Abfälle in Form von asbest- und PCB- haltigem Bauschutt unsachgemäß entsorgt.

Hiermit könnte er sich gemäß § 326 StGB strafbar gemacht haben.

Der zu schützende Zweck der Norm liegt in der Gewährleistung der Sicherheit der Umwelt und der Gesundheit des Menschen. Die vom Betreiber gelagerten asbesthaltigen Baustoffe fallen insofern unter § 326 Abs. 1 Nr. 2, 4 StGB. Hierunter sind solche Stoffe zu verstehen, die für den Menschen krebserzeugend, fortpflanzungsgefährdend oder erbgutverändernd sind oder nach ihrer Art, Beschaffenheit oder Menge geeignet sind, nachhaltig negativ auf die Umwelt einzuwirken.

Bei den Bauschuttabfällen handelt es sich um PCB- haltige und asbesthaltige Stoffe, sowie belastete Dachpappe.

Laut der Niedersächsischen Gesellschaft zur Endablagerung von Sonderabfall mbH (NGS) müssen asbesthaltige Dachpappen unmittelbar nach ihrem Ausbau in bauartzugelassene Kunststoffgewebesäcke, sog. Big Bags, verpackt werden.[4] Das gleiche gilt für asbesthaltigen Bauschutt.

Bei der Beurteilung der Gefährlichkeit der Stoffe ist weiterhin die Gefahrstoffverordnung hinzuzuziehen.

Der Inhaber hat den mit PCB belasteten Bauschutt nicht ordnungsgemäß entsorgt. Damit hat er sich im Sinne einer Handlung nach § 326 StGB strafbar gemacht.

Insofern haftet er mit seiner Person für diesen Verstoß.

6           Fazit

Die Ausarbeitung der Projektarbeit hat gezeigt, dass es sich bei der Thematik zwar um ein wichtiges, jedoch auch sehr komplexes Feld handelt. Die Überschneidung zwischen den einzelnen Rechtsgebieten erfordern eine besondere Sachkenntnis, um den Schutz der Umwelt wirklich zu gewährleisten.

Gleichzeitig spricht insbesondere die Abfallhierarchie für den Anspruch der Nachhaltigkeit, der sich ganz besonders im industriell- gewerblichen Bereich durchsetzen sollte.

Insgesamt lässt sich jedoch sagen, dass es hier einer einheitlichen Gesetzesgrundlage bedarf, die auch ermöglicht, dass gleichwertige Verstöße gleichwertig geahndet werden. Dies würde zudem zu einer Vereinfachung der Handhabung führen.

Die Relevanz des Umweltschutzes muss im industriellen Sektor, insbesondere innerhalb der chemischen Industrie, welche Einfluss auf so gut wie jedes Produkt hat, ernst genommen werden.



[1] Hansmann, Kommentar 4. BImSchV, § 1, Rn. 35

[2] CLP Verordnung

[3] Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, Vollzugshinweise zur Zuordnung von Abfällen zu den Abfallarten eines Spiegeleintrags in der Abfallverzeichnis-Verordnung, 2020, Tabelle IV.

[4] ebd.

[5] Abfallverzeichnisverordnung, Anhang Abfallverzeichnis

[6] Umweltbundesamt, Abfallrecht, 2020

[7] Leitfaden zur Anwendung der Abfallhierarchie nach § 6 KrWG, WR II 2, 2017, S. 1

[8] ebd. S. 2

[9] Vgl. Laga, Vollzugshilfe zu den Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, 2015, Rn. 36

[10] Vgl. Hansmann, Kommentar 4. BImSchV, § 1, Rn. 21

[11] Vgl. Lanuv, Asbesthaltige Bau- und Abbruchfälle: https://www.lanuv.nrw.de/umwelt/abfall/abfallstroeme/asbesthaltige-abfaelle (15.11.2021)

[12] Vgl. NGS, Merkblatt zur Entsorgung von asbesthaltigen Abfällen, 2019, S.4

[13] Vgl. Bezirksregierung Arnsberg, Entsorgungsnachweis: https://www.bra.nrw.de/umwelt-gesundheit-arbeitsschutz/umwelt/abfallwirtschaft-und-bodenschutz/entsorgungsnachweis (23.11.2021)

[14] § 14 OBG

[15] SIFA-SIBE (2014): Gefahrstofflagerung: Die Kleinmengenregelung: https://www.sifa-sibe.de/gesundheitsnews/die-kleinmengenregelung/ (10.12.2021)

[16] Verordnung über die Entsorgung polychlorierter Biphenyle, polychlorierter Terphenyle und halogenierter Monomethyldiphenylmethane PCB/PCT-Abfallverordnung: 2012

[17] NGS, Merkblatt zur Entsorgung von asbesthaltigen Abfällen, 2019, S. 4.

× Schreiben Sie uns auf WhatsApp