Einleitung

Flanschverbindungen sind in der Verfahrenstechnik unverzichtbar. Sie ermöglichen den lösbaren Anschluss von Rohrleitungen, Apparaten und Armaturen – und sie sind nur so zuverlässig wie die Schrauben, die sie zusammenhalten. Fehler bei Auswahl, Montage oder Wartung führen in der Praxis schnell zu Undichtigkeiten, Ausfällen oder sogar Unfällen. Deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf das Zusammenspiel von Schrauben, Dichtung und Flansch.

1. Von Drehmoment zu Vorspannkraft

Jeder Monteur kennt die Faustregel: Anziehen = Festziehen. Doch technisch steckt mehr dahinter. Nur ein kleiner Teil des aufgebrachten Drehmoments – rund 10 % – wird tatsächlich in Vorspannkraft umgesetzt. Der überwiegende Rest geht in die Reibung im Gewinde und unter dem Schraubenkopf.
Die Konsequenz: Oberflächenzustand und Schmierung entscheiden über die Streuung. Saubere, geschmierte Schrauben mit definierter Reibzahl liefern reproduzierbare Ergebnisse. Ohne diese Grundlage bleibt die Vorspannkraft Glückssache – mit allen Risiken für die Dichtheit.

2. Schraubenarten in der Praxis

Nicht jede Schraube passt zu jedem Flansch.

  • Sechskantschrauben sind Standard und robust, solange Festigkeitsklasse und Korrosionsschutz stimmen.
  • Dehnschaftschrauben bieten die höchste Konstanz, weil die elastische Dehnung im Schaft liegt. Sie eignen sich besonders bei hohen Temperaturen oder Druckstößen.
  • Gewindestangen sind flexibel bei Sonderlängen und Großflanschen, erfordern aber sorgfältige Führung und beidseitig gleichwertige Muttern.
  • Flanschschrauben mit Bund verbessern die Lastverteilung bei dünnen Flanschdeckeln oder weichen Auflagen.

Die Wahl hängt also nicht nur von der Verfügbarkeit, sondern von Belastungsfall, Medium und Betriebsbedingungen ab.

3. Einflussfaktoren auf die Dauerhaltbarkeit

Ob eine Schraubenverbindung dauerhaft hält, hängt von vielen Faktoren ab:

  • Werkstoff (Festigkeitsklasse, Zähigkeit, Korrosionsschutz),
  • Geometrie (Klemmlänge, Gewindeauslauf, Radien),
  • Montageverfahren (Drehmoment, Drehwinkel, Streckgrenze, Hydraulik),
  • und den Betriebsbedingungen (Medium, Temperatur, Prüfintervalle).

Besonders kritisch ist die Vorspannkraft-Streuung: Schlagschrauber können Abweichungen von bis zu ±40 % verursachen, während Drehwinkel- oder Hydraulikverfahren die Streuung auf unter ±10 % senken. Für kritische Anlagen ist das nicht nur ein Qualitäts-, sondern auch ein Sicherheitsargument.

4. Typische Fehlerbilder und deren Ursachen

Ein Blick in die Werkstattpraxis zeigt immer wieder ähnliche Muster:

  • Dauerbruch am ersten Gewindegang bei zu niedriger oder ungleichmäßiger Vorspannung.
  • Korrosionsschäden bei ungeschützten Schrauben oder falschem Werkstoff.
  • Klaffen von Flanschen, wenn Schrauben nicht kreuzweise oder mit falscher Reihenfolge angezogen wurden.

Die Ursachen sind bekannt – unzureichende Schulung, fehlende Standards oder Zeitdruck. Hier gilt: Präzision in der Montage verhindert teure Nacharbeit.

5. Praxisempfehlungen

  • Reibung definieren: Gewinde und Auflagen reinigen und schmieren.
  • Richtiges Schraubenmaterial wählen: Belastung und Medium berücksichtigen.
  • Montageverfahren passend einsetzen: Drehwinkel oder Hydraulik für kritische Verbindungen.
  • Kreuzweise in Stufen anziehen: gleichmäßige Lastverteilung sicherstellen.
  • Dokumentieren: Nur was aufgeschrieben ist, ist auch nachweisbar.

Fazit

Schrauben sind die unscheinbaren Helden jeder Flanschverbindung – und sie verdienen mehr Aufmerksamkeit, als sie oft bekommen. Wer Werkstoff, Montage und Kontrolle professionell beherrscht, erhöht die Betriebssicherheit, reduziert Stillstände und senkt Folgekosten.


Hinweis aus der Praxis

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