Wer wassergefährdende oder entzündbare Stoffe lagert/umfüllt, braucht mehr als „eine Wanne unter dem Fass“. Es geht um Schutzziele, klare Zuständigkeiten, saubere Bemessung – und vor allem um gelebte Eigenkontrolle. Dieser Artikel führt kompakt durch WHG vs. AwSV, WGK-Logik, Bemessungsregeln, Werkstoffwahl, Prüfpraxis, Dokumentation – mit konkreten, sofort nutzbaren Handlungspunkten.
1) WHG vs. AwSV – was regelt was?
- WHG (Wasserhaushaltsgesetz) setzt das Schutzziel: Anlagen sind so zu planen/betreiben, dass keine nachteilige Gewässerveränderung zu besorgen ist.
- AwSV (Anlagenverordnung) macht es verbindlich:
- Rückhaltung/Entwässerung (flüssigkeitsundurchlässig, keine Abläufe),
- Eigenkontrolle (Betreiberpflicht),
- Sachverständigenprüfung (§ 47) nur für prüfpflichtige Anlagen (Anlage 5/6),
- Gefährdungsstufen (A–D) als Basis für Anforderungen.
Merksatz: WHG = Was (Ziel). AwSV = Wie (Pflichten, Verfahren).
2) WGK – die drei Wassergefährdungsklassen
Die WGK ordnet Stoffe ein und beeinflusst Gefährdungsstufe, Prüfbedarf und Bemessung:
WGK | Bedeutung |
---|---|
1 | schwach wassergefährdend |
2 | deutlich wassergefährdend |
3 | stark wassergefährdend |
Praxis: Einstufung laut SDB/Hersteller; bei Gemischen Selbsteinstufung nach Methode – dokumentieren.
3) Wann ist eine Auffangwanne vorgeschrieben?
Immer dann, wenn bei Lagerung/Abfüllen flüssige wassergefährdende Medien freigesetzt werden können, brauchst du eine Rückhalteeinrichtung (Auffangwanne/-raum). Ausnahmen sind eng – feste Stoffe und gasförmige Medien folgen anderen Regeln. Für die konkrete Bauart gilt stets: flüssigkeitsundurchlässig, ohne Ablauf, bemessen nach freisetzbarer Menge.
4) Bemessung – wie groß muss die Wanne sein?
Standard für Fass-/Gebindelager (Transportbehälter bis 1 000 l), außerhalb von Schutzgebieten:
Gesamtvolumen (V_ges) | Rückhaltevolumen |
---|---|
≤ 100 m³ | 10 % von V_ges oder größtes Einzelgebinde (was größer ist) |
> 100–≤ 1 000 m³ | 3 %, mind. 10 m³ |
> 1 000 m³ | 2 %, mind. 30 m³ |
Offen/unüberdacht? Zusätzlich Regenzuschlag (Richtwert: 50 l/m², Räumzeit 72 h; alle hinlaufenden Flächen berücksichtigen).
Schutzgebiete: Behörden verlangen oft 100 % Rückhalt bzw. strengere Auflagen – Bescheid beachten.
Beispiel: 12 × IBC à 1 000 l ⇒ V_ges = 12 m³ ⇒ 10 % = 1,2 m³ > größtes Gebinde (1 m³) ⇒ mind. 1,2 m³ (+ Regen, falls offen).
5) Materialwahl – Stahl, PE/PE-HD, GFK richtig einsetzen
Zielgrößen: Chemische Beständigkeit, Dichtheit, mechanische Robustheit, Brandschutz.
- Stahl/Edelstahl: leitfähig, keine Brandlast, robust → erste Wahl bei entzündbaren Flüssigkeiten und Staplerverkehr/Anfahrrisiko.
- PE/PE-HD: sehr beständig gegen viele Säuren/Laugen, geringes Gewicht → ideal für aggressive Medien (nicht brennbar lagern).
- GFK: gut bei zahlreichen korrosiven Medien; UV-Einfluss beachten.
Knackpunkt: abZ/aBG des Produkts (DIBt) ist bindend: zulässige Medien, Traglast, Volumen, Auflagen, ggf. Instandsetzung & Dichtheitsprüfung.
Merksatz: abZ sticht.
6) Betrieb & Eigenkontrolle – was ist Pflicht?
Eigenkontrolle ist Betreiberaufgabe. Bewährt und rechtssicher:
- Wöchentlich (Sichtprüfung): Leckage? Fremdwasser? Offensichtliche Schäden (Rostnarben, Risse/Weißstellen, Lackabplatzungen)? Gitterrost/Tragfähigkeit? Aufstellfläche/Umfeld? – Kurzprotokoll (Datum, Prüfende, Befund, Maßnahme).
- Inaugenscheinnahme (vertieft):
- Kunststoff: jährlich (Schwerpunkte: Weißstellen, Risse, UV-Schäden).
- Stahl: alle 2 Jahre (Unterrostbereich/Unterseite, Schweißnähte, Rost, Verzug).
- Fotodoku (Übersicht/Detail/Maßstab), Maßnahmenliste.
Stop-Linien (Go/No-Go):
- Kunststoff-Weißstellen/Risse → Aussortieren (Funktionsbeeinträchtigung).
- Stahl-Schaden → Fachbetrieb/Hersteller instandsetzen; Dichtheitsprüfung nach Vorgabe; Nachweis ablegen.
- Umbau/Medienwechsel/Standort → abZ/AwSV neu prüfen.
7) Abgrenzung: Sachverständiger (§ 47 AwSV)
Nur, wenn die gesamte Anlage prüfpflichtig ist (Anlage 5/6 AwSV). Dann:
- vor Inbetriebnahme und wiederkehrend (i. d. R. 5-jährlich),
- Ergebnis: Prüfbericht mit Mängeln/Fristen.
Wichtig: Die SV-Prüfung ergänzt, sie ersetzt die Eigenkontrolle nicht.
8) Dokumentation – dein wichtigster Schutz
- Woche: Kurzprotokoll (Datum, Prüfende, Wannen-ID, Befund, Maßnahme).
- Jahr/2 Jahre: Bericht mit Fotodoku.
- Betriebsanweisung & Unterweisung: schriftlich, gelebte Praxis.
- Aufbewahrung: lückenlos, schnell vorlegbar (Behörde/Versicherung).
9) Praxisbeispiel – in 5 Minuten sauber entschieden
- Befund: Gitterrost verbeult.
- Sofortmaßnahme: Rost sperren/ersetzen (gleichwertige Traglast), Mangel protokollieren.
- Vertiefung: Unterrostbereich/Unterseite prüfen, Fotodoku anfertigen.
- Ursache: Wege/Anfahrschutz optimieren, Unterweisung aktualisieren.
- Nachweis: Ersatz-/Prüfbelege zur Wannenakte; nächster Termin bleibt stehen (oder vorziehen).
10) Downloads – sofort einsetzen (DOCX/PPTX)
Praxis-Vorlagen (so aufgebaut, dass du sie ohne Frickeln nutzen kannst):
- Gefährdungsbeurteilung (DOCX) – ArbSchG § 5/DGUV: Tätigkeiten, Gefährdungen, Risikobewertung, Schutzmaßnahmen (T-O-P), Prüfintervalle, Doku.
→ Download: https://sicherheitsingenieur.nrw/wp-content/uploads/2025/09/risk_assessment_auffangwannen.docx - Betriebsanweisung (DOCX) – TRGS 510-konform: Zweck, Geltungsbereich, wöchentlich/Jahr/2-Jahre, Prüfpunkte, Notfallplan, Doku-Regeln.
→ Download: https://sicherheitsingenieur.nrw/wp-content/uploads/2025/09/betriebsanweisung_auffangwannen.docx - Unterweisung (PPTX) inkl. Sprechertext – Rechtsrahmen, Prüfrouten, Schwachstellen, Doku; Notizen zum Vorlesen.
→ Download: https://sicherheitsingenieur.nrw/wp-content/uploads/2025/09/unterweisung_auffangwannen.pptx
Hinweis: abZ sticht – Herstellerauflagen gehen vor. Vorlagen betriebsspezifisch anpassen (Stand: [STAND_MONAT_JAHR]).
11) Onlinekurs
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12) FAQ – kurz & knackig
Brauche ich immer eine Wanne?
Bei flüssigen wassergefährdenden Medien in Lager/Abfüll-/Umschlagsbereichen: Ja (Rückhaltepflicht).
10 %/3 %/2 % – wann gilt was?
≤ 100 m³ → 10 % oder größtes Gebinde (größerer Wert). > 100–≤ 1 000 m³ → 3 % (min. 10 m³). > 1 000 m³ → 2 % (min. 30 m³). Offen → Regenzuschlag einplanen.
Wöchentlich wirklich nötig?
Ja. Eigene, kurze Sichtprüfung + Kurzprotokoll – das hält Gewässerschäden klein und Audits stressfrei.
BetrSichV – „befähigte Person“?
Für Eigenkontrollen der Wannen nicht gefordert (Auffangwanne ist kein Arbeitsmittel i. S. d. BetrSichV). Erforderlich: Sachkunde (AwSV/TRGS/abZ), gelebte Betriebsanweisung.
Kunststoff mit Weißstellen?
Aussortieren (Funktionsbeeinträchtigung), nicht „reparieren“. Stahl: Instandsetzung Fachbetrieb + Dichtheitsprüfung.
13) Fazit
Rechtssichere Eigenkontrolle ist kein Hexenwerk: richtig bemessen, passenden Werkstoff wählen, wöchentlich kurz, jährlich/zweijährlich gründlich, Stop-Linien einhalten, alles dokumentieren. So bleiben Umwelt, Betrieb und Haftung stabil – und Audits entspannt.