Betriebliches Eingliederungsmanagement

Begriffsdefinition

Betriebliches Eingliederungsmanagement (abgekürzt BEM) ist eine verpflichtende Aufgabe für alle Arbeitgeber seit dem 23.04.2004. Nach der Neufassung des § 84 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) muss der Arbeitgeber allen Mitarbeitern, die innerhalb eines Jahres länger als 42 Tage arbeitsunfähig waren, bei ihrer Rückkehr an den Arbeitsplatz ein BEM anbieten, um die Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen, arbeitsbedingte Gefährdungen der Arbeitsfähigkeit abzubauen, einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Mitarbeitern eine möglichst lange Arbeitsfähigkeit und Lebensarbeitszeit zu ermöglichen. Ein arbeitsbedingtes, vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben soll damit nach Möglichkeit vermeiden werden.

Das Verfahren

Der § 84 Abs. 2 SGB IX verpflichtet den Arbeitgeber, Mitarbeitern ein BEM anzubieten, wenn die Beschäftigten im Laufe eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren. Die monatliche Auswertung der Krankenstanddaten durch den Arbeitgeber (z.B. Personalabteilung) ermöglicht, die infrage kommenden Personen zeitnah gezielt mit einem schriftlichen Angebot zum BEM anzusprechen.
Der schriftlichen Einladung zur freiwilligen Teilnahme am BEM liegen Informationen zum Ablauf und ein Rückmeldebogen zur Annahme des BEM bei. Lehnt der Mitarbeiter das Angebot ab, wird dies dokumentiert und das BEM endet an dieser Stelle. Stimmt der Mitarbeiter dem BEM zu, beginnt ein komplexer Ablauf mit verschiedenen Beteiligten, die auch vom Mitarbeiter für das Erstgespräch vorgeschlagen werden können.
Zur Durchführung eines BEM muss der Arbeitgeber eine Struktur aufbauen und Verfahrensabläufe festlegen, die grundsätzlich der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen. Eine Dienst- oder Betriebsvereinbarung BEM regelt dann das Verfahren transparent für alle Beteiligten.

Beteiligte
Die Teilnahme des Mitarbeiters am BEM ist freiwillig und kann jederzeit beendet werden. Der Mitarbeiter bestimmt das Ausmaß der Freigabe von Gesundheitsdaten z.B. durch eine Entbindung von der Schweigepflicht der behandelnden Ärzte oder die Einbeziehung von Unterlagen der Krankenkassen oder der Rentenversicherung.
Der Arbeitgeber benennt einen BEM-Beauftragten, der das Verfahren im Unternehmen in Gang setzt und die Durchführung zentral überwacht. Er verantwortet die Erhebung der Daten, stellt Regeln für den Ablauf und den Datenschutz auf und legt die einzusetzenden Dokumente fest. Der BEM-Beauftragte wertet die durchgeführten BEM-Verfahren aus und erstellt einen Gesamtbericht für den Arbeitgeber. Auf dieser Grundlage wird das BEM dann weiter entwickelt. Weiterhin ist er erster Ansprechpartner für die BEM-Verantwortlichen, die das Gespräch mit den betroffenen Mitarbeitern führen.
Der BEM-Verantwortliche lädt als Verfahrensverantwortlicher zum Erstgespräch und gegebenenfalls den Folgegesprächen ein. Die Anzahl der Gesprächsteilnehmer variiert vom Vier-Augen-Gespräch auf Wunsch des Mitarbeiters bis hin zu einem größeren Teilnehmerkreis mit der direkten Führungskraft, dem Betriebsarzt, der Fachkraft für Arbeitssicherheit sowie weiteren betrieblichen Experten. Der BEM-Verantwortliche kann mit Zustimmung des Mitarbeiters externe Experten der Unfallversicherungsträger, der Krankenkassen oder Integrationsämter hinzuziehen. Im laufenden Verfahren kann sich die Teilnehmerzahl abhängig von den Erfordernissen in jeder Sitzung ändern. Ergebnisse und Vereinbarungen der einzelnen Gespräche werden protokolliert. Auch bei einem größeren Teilnehmerkreis ist der Datenschutz für die gesundheitsbezogenen Daten und die vertraulichen Gesprächsinhalte sicher zu stellen.
Die örtlichen „Gemeinsamen Servicestellen“ wurden von Krankenkassen, Rentenversicherung, Agentur für Arbeit und Unfallversicherung zur Unterstützung des BEM eingerichtet, spielen aber in der Praxis bisher eine eher geringe Rolle.
Integrationsämter unterstützen Betriebe im BEM bei schwerbehinderten oder diesen gleichgestellten Mitarbeitern mit Informationen und finanziellen Leistungen.
Kleine Unternehmen handeln häufig auf den Einzelfall bezogen und sehen im gesetzlich vorgeschriebenen BEM für sich eine Überforderung. Für kleine Unternehmen können Koordinationsstellen das BEM-Verfahren steuern, wenn diese zum Beispiel von Handwerkskammern oder der IHK dazu regional als Unterstützung eingerichtet werden. Die Krankenkassen begleiten Unternehmen bei der Einrichtung des BEM-Verfahrens durch Beratung.

Ablauf eines BEM-Verfahrens

Stimmt ein Mitarbeiter dem BEM zu, findet das Erstgespräch mit dem BEM-Verantwortlichen und den bei Bedarf weiteren vereinbarten Teilnehmern statt. Zielsetzung ist, mögliche arbeitsbedingte Ursachen für die Erkrankung zu identifizieren. Der Mitarbeiter entscheidet über die Freigabe seiner gesundheitsbezogenen Daten und die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen.  Aus der Analyse werden zielgerichtete Maßnahmen zur Veränderung abgeleitet und deren Umsetzungsmöglichkeiten im Einzelnen geprüft. Alle getroffenen Maßnahmen und Vereinbarungen werden protokolliert und zu einem späteren, vereinbarten Zeitpunkt auf ihre Wirksamkeit hin überprüft. Maßnahmen können die Arbeitsorganisation bzw. -abläufe im Arbeitsbereich betreffen, individuelle Unterstützungsmaßnahmen wie z.B. Schulungen und Rehabilitationsmaßnahmen oder die Umsetzung auf einen besser geeigneten Arbeitsplatz vorsehen.
Der BEM-Verantwortliche sollte aus den durchgeführten BEM-Verfahren Verbesserungspotenziale der Prozesssteuerung im BEM und die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit dem BEM-Angebot ermitteln und berichten.

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