Menschliche Fehler zählen zu den häufigsten Ursachen für Arbeitsunfälle und Betriebsstörungen in allen technischen und industriellen Bereichen. Ob in der chemischen Produktion, in der Instandhaltung von Maschinen oder beim Umgang mit gefährlichen Stoffen – immer wieder ist menschliches Verhalten der entscheidende Faktor für die Sicherheit am Arbeitsplatz. Die Human Reliability Analysis (HRA) – auf Deutsch „Analyse menschlicher Zuverlässigkeit“ – beschäftigt sich deshalb gezielt mit der systematischen Bewertung und Reduzierung dieser menschlichen Fehlerquellen.

Was genau ist Human Reliability Analysis (HRA)?

HRA bezeichnet ein Verfahren zur Bewertung der Wahrscheinlichkeit menschlicher Fehlhandlungen bei der Durchführung kritischer Aufgaben innerhalb eines technischen oder organisatorischen Systems. Das Hauptziel der HRA ist es, potenzielle Fehlerquellen frühzeitig zu erkennen, deren Risiken abzuschätzen und effektive Maßnahmen zur Fehlerprävention einzuleiten. Dabei geht es sowohl um die Identifikation möglicher Fehler („Was könnte passieren?“) als auch um die quantitative Bewertung der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Auswirkungen („Wie wahrscheinlich ist es, dass etwas schiefläuft, und welche Folgen hätte das?“).

Die VDI-Richtlinie 4006 (Blätter 1 und 2) bietet eine klare methodische Grundlage zur Durchführung einer HRA. Sie definiert nicht nur Begriffe und Verfahren, sondern beschreibt auch ergonomische Anforderungen und konkrete Bewertungsmethoden zur Ermittlung der menschlichen Fehlhandlungswahrscheinlichkeit („Human Error Probability“, HEP).

Auch die DIN EN ISO 6385 („Ergonomische Grundsätze bei der Gestaltung von Arbeitssystemen“) liefert wichtige Rahmenbedingungen für eine menschenzentrierte Arbeitsgestaltung, welche die Grundlage zur Fehlerreduktion und besseren Leistung bildet. Weitere wichtige DIN-Normen im Kontext der HRA sind beispielsweise DIN EN ISO 9241-210 (Interaktion Mensch-System) und DIN EN ISO 12100 (Risikobeurteilung und Risikominderung), welche ebenfalls grundlegende Anforderungen an die Gestaltung sicherer und zuverlässiger Arbeitssysteme formulieren.

Wie läuft eine Human Reliability Analysis ab?

Die Durchführung einer HRA erfolgt typischerweise in mehreren Schritten (VDI 4006 Blatt 2):

  1. Systembeschreibung und Identifikation kritischer Aufgaben:
    Zunächst werden kritische Tätigkeiten und Prozesse festgelegt, bei denen menschliche Fehlhandlungen eine direkte Auswirkung auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit haben könnten.
  2. Qualitative Aufgabenanalyse:
    Jeder Prozessschritt wird in Teilaufgaben zerlegt, mögliche menschliche Fehler (z. B. Fehlbedienungen, falsche Einschätzungen, Unaufmerksamkeit) werden systematisch identifiziert. Dabei helfen Methoden wie THERP (Technique for Human Error Rate Prediction) oder AIPA (Accident Initiation and Progression Analysis).
  3. Quantitative Bewertung der Fehlerwahrscheinlichkeit (HEP):
    Für die identifizierten Fehlermöglichkeiten wird die Wahrscheinlichkeit berechnet oder abgeschätzt, mit der diese Fehler tatsächlich eintreten könnten. Hierbei fließen leistungsbeeinflussende Faktoren (Performance Shaping Factors, PSF) ein, z. B. Zeitdruck, Stress, Komplexität der Aufgabe, Ergonomie und Qualifikation der Mitarbeitenden.
  4. Maßnahmenableitung und Implementierung:
    Auf Basis der quantitativen Ergebnisse werden gezielte Maßnahmen zur Fehlerprävention entwickelt und eingeführt. Beispiele dafür sind ergonomische Verbesserungen am Arbeitsplatz, optimierte Schulungen oder technische Unterstützungen.

Praxisbeispiele aus dem Arbeitsschutzkontext

Für Fachkräfte für Arbeitssicherheit (SiFa) ergeben sich zahlreiche praktische Anwendungsmöglichkeiten der HRA, beispielsweise in folgenden typischen Situationen:

  • Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an Maschinen:
    Bei Wartungsarbeiten an einer komplexen Anlage könnte eine HRA beispielsweise zeigen, dass Mitarbeitende aufgrund einer schlecht zugänglichen Armatur oder unklarer Wartungsanweisungen häufig falsche Bedienhandlungen durchführen. Als Maßnahme wäre hier denkbar, die Arbeitsanweisungen klarer zu gestalten und die Bedienelemente ergonomisch günstiger zu positionieren, um Fehlerwahrscheinlichkeiten signifikant zu reduzieren.
  • Lagerung und Umgang mit Gefahrstoffen:
    Eine HRA im Umgang mit Gefahrstoffen könnte aufdecken, dass aufgrund komplexer Kennzeichnungsvorschriften und schlecht sichtbarer Etiketten menschliche Fehler auftreten können, wie das versehentliche Vertauschen ähnlich aussehender Chemikalien. Eine verbesserte Kennzeichnung, ergänzt um visuelle Hilfsmittel und gezielte Schulungen, könnte solche Fehler nachhaltig minimieren.
  • Notfall- und Evakuierungsszenarien:
    In Krisensituationen sind schnelle Entscheidungen erforderlich. Hier zeigt eine HRA oft, dass Mitarbeitende unter Stress häufiger Fehler machen, z. B. bei der Entscheidung über Evakuierungswege. Gezieltes Training unter realitätsnahen Bedingungen und eindeutig gestaltete Flucht- und Rettungspläne verbessern die menschliche Zuverlässigkeit in Krisenfällen erheblich.

Warum ist die Human Reliability Analysis so wertvoll?

Die HRA liefert konkrete und belastbare Aussagen zur menschlichen Fehleranfälligkeit, auf deren Grundlage gezielt in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Prozesse investiert werden kann. Für Fachkräfte für Arbeitssicherheit bietet die HRA einen evidenzbasierten Ansatz, um Risiken frühzeitig zu erkennen und präventive Maßnahmen einzuleiten – ein entscheidender Vorteil zur nachhaltigen Steigerung der Arbeitssicherheit im Unternehmen.

Die VDI 4006 und relevanten DIN-Normen (z. B. DIN EN ISO 6385) stellen dabei sicher, dass die Analyse methodisch fundiert und transparent erfolgt, was nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch die Akzeptanz der Maßnahmen bei Mitarbeitenden deutlich erhöht.

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