DIN VDE 0132: Das gilt bei der Brandbekämpfung im Bereich elektrischer Anlagen

DIN VDE 0132: Das gilt bei der Brandbekämpfung im Bereich elektrischer Anlagen
Niemand wünscht sich, dass in seinem Betrieb ein Brand ausbricht. Und doch passiert es noch viel zu oft. Unzählige Ursachen können dazu führen, dass ein Feuer ausbricht. An oder im Bereich elektrischer Anlagen kommt dies häufiger vor. Ein Kabelbrand, der ein Großfeuer auslöst ist ebenso denkbar, wie menschliches unbeabsichtigtes Fehlverhalten. Hier ist demnach äußerste Vorsicht geboten.

Fragen, mehr Informationen nötig oder Hilfe? Gerne Kontakt aufnehmen zu uns: 📬 Kontaktformular

Online Schulung: EuP
Buch: Basics für die elektrotechnisch unterwiesene Person

Damit aus einem Brand keine Katastrophe wird oder – und das hat höchste Priorität – kein Menschenleben als Folge eines Brandes beeinträchtigt wird, ist die Brandbekämpfung durch verschiedene Vorgaben, Richtlinien und Normen geregelt. Für die Brandbekämpfung im Bereich elektrischer Anlagen greift die Norm DIN VDE 0132. Als erste Regel sollten jeder Anlagenbetreiber und seine Verantwortlichen einen Brandfall möglichst verhindern bzw. vermeiden. Falls es dennoch passiert, die wichtigsten Punkte aus dieser DIN-Norm VDE 0132 im Überblick.

Das A & O in der Brandbekämpfung: Die Vorbereitung

Nicht erst im Brandfall sollten sich Verantwortliche einer elektrischen Anlage oder Elektrofachleute Gedanken hinsichtlich der Herangehensweisen im Brandfall machen. Besser ist es, sie sind jederzeit gut auf den Brandfall vorbereitet. Mit den Vorgaben aus der DIN VDE 0132 gelingt die Vorbereitung perfekt. Die DIN VDE 0132 umfasst sowohl Regelungen zur Brandbekämpfung als auch zur technischen Hilfeleistung im Brandfall im Bereich elektrischer Anlagen. Sie dient zur Unterrichtung von Personen, deren Zuständigkeit in der Bekämpfung von Bränden in elektrischen Anlagen und deren Nähe liegt. Auch Elektrofachkräfte fallen unter diesen Personenkreis. Die Norm umfasst u.a. Vorgaben zu folgenden Punkten:

  • Vorbereitende Maßnahmen für die Brandbekämpfung,
  • Brandbekämpfung nach DIN VDE 0132 an Niederspannungsanlagen,
  • Brandbekämpfung an Hochspannungsanlagen,
  • Löschmittel Wasser,
  • Brandbekämpfung mit Schaum,
  • Löschmittel mit Pulver,
  • Brandbekämpfung mit Kohlendioxid,
  • Brandbekämpfung in Bürobereichen,
  • Geltung der Norm DIN VDE 0132.

Für jeden Betreiber von elektrischen Anlagen gilt die ungeschriebene Pflicht, eine aktuelle Fassung der DIN VDE 0132 an gut einsehbaren Stellen auszuhängen. Spätestens seit dem Zeitpunkt 1. Juli 2021 (Übergangsfrist) sollten Verantwortliche in jedem Unternehmen die alte Version durch die aktuelle Fassung ersetzen.

Die wichtigsten Details der DIN VDE 0132 im Überblick

Vorbereitende Maßnahmen für die Brandbekämpfung
In der DIN VDE 0132 VDE 0132:2018-07 sind sowohl die Aufgaben, Herangehensweisen und Verhaltensweisen des Anlagenbetreibers definiert. Die drei wichtigsten Auflagen im Überblick:

1. Der Anlagenbetreiber hat stets eine wohlwollende Zusammenarbeit mit der Feuerwehr sowie anderen Fachkräften der technischen Hilfeleistung zu gewährleisten.
2. Der Betreiber einer elektrischen Anlage wirkt unterstützend beim Erstellen der Einsatzpläne der Feuerwehr. Er klärt über mögliche Gefahrenpunkte auf, die Löscharbeiten beeinträchtigen oder behindern könnten.
3. Auch über mögliche Chlophentransformatoren sowie andere Maßnahmen bei der Brandbekämpfung hat er die Feuerwehr zu informieren.

Brandbekämpfung nach DIN VDE 0132 an Niederspannungsanlagen
Falls im Bereich der Brandstelle erhebliche Zerstörungen der Niederspannungsanlagen zu erwarten oder bereits eingetreten sind, sind alle betroffenen Leitungen im Bereich der Brandstelle und Umgebung umgehend spannungsfrei zu machen. Vorrangig gilt das für alle Freileitungen.

Eine Berührung mit herabfallenden Leitungen oder leitenden Metallteilen kann lebensgefährlich sein. Daher ist beim Annähern an den Brandort angesichts einer Erkundung oder Rettung ein Mindestabstand von 1 m bis 1.000 V AC (Wechselstrom) oder bis 1.500 V DC (Gleichstrom) einzuhalten.

Brandbekämpfung an Hochspannungsanlagen
Da die Gefahr, die von Hochspannungsanlagen ausgeht, deutlich höher ist als die Risiken von Niederspannungsanlagen im Brandfall, gelten hier besondere Regelungen. Die wichtigste Vorschrift aus der DIN VDE 0132, die dem Schutz von Menschenleben dient, lautet:

Schalt- und Umspannanlagen sowie alle Hochspannungsanlagen in geschlossenen Räumen dürfen ausschließlich in Gegenwart versierter zuständiger Elektrofachkräfte betreten werden. Das können Anlagenverantwortliche oder elektrotechnisch unterwiesene Personen sein, die unmittelbar am Einsatz beteiligt sind.

Wegen der gefährlich starken Spannung in Hochspannungsanlagen gelten hier höhere Annäherungsabstände als in Niederspannungsanlagen:

Netzspannung / Annäherungsbereich
über 1 kV bis 110 kV / 3 m
über 110 kV bis 220 kV / 4 m
über 220 kV bis 380 kV / 5 m

Eine der größten Gefahren bilden herabfallende Leitungen. Wer die Umgebung herabfallender Leitungen ohne ausreichend großem Abstand betritt, begibt sich in Lebensgefahr. Daher sehen die DIN VDE 0132 sogar einen Mindestabstand von 20 Metern vor. Dieser Abstand gilt auch für Metallteile, wie beispielsweise Schienen, Zäune oder Geländer in Brandbereichen von elektrischen Anlagen.

Der Umgang mit Löschmitteln im Rahmen der DIN VDE 0132
Der Umgang mit Löschmitteln im Bereich elektrischer Anlagen ist gemäß DIN VDE 0132 ebenfalls streng geregelt. Fehler beim Löschvorgang in Hochspannungsanlagen können verheerende Folgen haben und Menschenleben kosten. So gehen Fachleute im Brandbekämpfungsfall an Hochspannungsanlagen (auch Niederspannungsanlagen) vor, um das Risiko so gering wie möglich zu halten:

Löschmittel Wasser
Wasser ist seit jeher starker Leiter von Strom. Daher geschieht das Löschen bei unter Spannung stehenden Anlagen nur, wenn erhöhte Mindestabstände eingehalten werden, wie unter den vorbereitenden Maßnahme beschrieben. Eine erhöhte Gefahr für Einsatzkräfte, die Wasser als Löschmittel verwenden, besteht vor allem dann, wenn eine durchgehende Anbindung zwischen dem Löschwasser, dem unter Spannung stehenden Anlagenteil und der Einsatzkraft besteht. Empfohlen wird daher ein feiner Sprühstrahl.

Brandbekämpfung mit Schaum
Für die Brandbekämpfung mit Schaum gelten ähnliche Herangehensweisen wie bei der Löschung eines Brandes mit Wasser. Wer einen Brand im Bereich elektrischer Anlagen mit Schaum bekämpfen will, muss zuerst wichtige Vorsichtsmaßnahmen treffen, um sich selbst und andere Personen in der Nähe des Brandortes vor einem elektrischen, vermutlich sogar tödlichen, Stromschlag zu bewahren. Folgende Richtlinien gibt die Norm DIN VDE 0132 bei Niederspannung und Hochspannung vor:

  • Bei Niederspannung darf Löschschaum nur in spannungsbefreiten Anlagen eingesetzt werden. Aus Sicherheitsgründen sind vor der Löschaktion zudem alle benachbarten Anlagen spannungsfrei zu halten. Typgeprüfte zugelassene Feuerlöschgeräte für den Einsatz in elektrischen Anlagen sind von dieser Beschränkung ausgenommen.
  • Im Falle von Hochspannungsanlagen darf Löschschaum – ohne Ausnahme – nur an spannungsfreien Anlagenteilen eingesetzt werden. Auch benachbarte Anlagenteile müssen spannungsfrei sein.

Löschmittel mit Pulver
Pulver-Löschmittel finden im Bereich elektrischer Anlagen nur unter bestimmten Bedingungen Verwendung.

Gefahr:
Löschpulver auf Isolatoren kann unter Einfluss höherer elektrischer Stärken (wie Hochspannung über 1 kV) leitfähig werden. Dies wiederum hat kurzschlussartige Ströme zur Folge. Diese wiederum könnten bei Verwendung Menschenleben kosten. An in Brand geratenen Anlagenteilen könnte ein Brand möglicherweiser weiter angefacht werden.

Daher gilt:
Der Einsatz von Löschpulver darf nur mit Zustimmung des Betreibers erfolgen.

Brandlöschung mit Kohlendioxid
Bei Kohlendioxid handelt es sich um ein gern verwendetes Löschmittel im Brandfall an elektrischen Anlagen. Kohlendioxid ist nicht leitend. Zudem hinterlässt es keine Löschrückstände. Dennoch sollten unbedingt die Gefahrenhinweise auf den Löschgeräten beachtet werden.

Die Löschvorgänge mit Kohlendioxid unterliegen jedoch einem gefährlichen Paradoxon:

Bei der Verwendung in Außenanlagen verflüchtigt sich Kohlendioxid schnell und verliert damit seine vollständige Wirkung. Bei der Verwendung in engen sowie schlecht belüfteten Innenräumen droht Lebensgefahr.

Brandbekämpfung in Bürobereichen
Handfeuerlöscher können lebensrettend sein. Daher sollten diese gut sichtbar und in ausreichender Anzahl in bestimmten Bürobereichen platziert sein. Auch die Verwendung von Feuerlöschern sollte zumindest einem Teil der Mitarbeiter, wie beispielsweise dem Brandschutzbeauftragten eines Unternehmens, geläufig sein.

Gemäß der Norm DIN VDE 0132 stellen Handfeuerlöscher in Bürobereichen und ähnlichen Räumen keine Gefahr für Laien dar, sofern nachstehende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • ausschließlich tragbare Handfeuerlöscher (und nur Handfeuerlöscher) gemäß DIN EN 3-1:1996-07 verwenden,
  • nur Sprühstrahl aus Sprühstrahldüse,
  • ausschließlich normales Leitungswasser ohne jegliche Zusätze,
  • 1 m Mindestabstand bei Löschung.

Maßnahmen nach einem Brandfall in elektrischen Anlagen

Im oder nach einem Brandfall gibt es für den Betreiber elektrischer Anlagen weitaus mehr zu tun als durch Normen und Regelungen vorgegeben. Er trägt das Höchstmaß an Verantwortung und sollte dem gewissenhaft nachkommen. Die fünf wichtigsten Punkte, die der Anlagenbetreiber nach einem Brandfall beachten sollte:

1. Ein Zutrittsverbot für Unbefugte zum Brandort oder dessen Umgebung ist verpflichtend.
2. Der Anlagenbetreiber hat für Betriebsmittel und Geräte in der Nähe des betroffenen Bereiches eine Wiederinbetriebnahme zu genehmigen.
3. Erstmaliger Zutritt zur betroffenen Stelle: Vor dem erstmaligen Betreten des Brandortes (ohne Atemschutz) nach der Brandbekämpfung sind die betroffenen Orte ausreichend zu belüften. Nur so ist gewährleistet, dass sich keinerlei giftige oder zersetzende Produkte mehr in den Räumen verteilen.
4. Unter Spannung stehende Anlagenteile sind umgehend und umfassend gegen Berührung zu sichern.
5. Mögliche Pulverbeläge auf Isolatoren müssen unter Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen beseitigt werden.

Größtmöglicher Schutz durch vorbeugende Absicherung

Jedem Betreiber elektrischer Anlagen obliegen zahlreiche Vorkehrungen, damit ein Brand erst gar nicht entstehen kann. Sollte aus unvorhersehbarem Grund dennoch ein Feuer entstehen, sollten Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass kein Chaos und keine Panik ausbrechen. Neben den zahlreichen Herangehensweisen, festgelegt in der DIN VDE 0132, sollte der Anlagenbetreiber folgende Punkte berücksichtigen:

– Der Anlagenbetreiber hat schon im Vorfeld angesichts seiner persönlichen Beurteilung der Gefährdung entsprechende Vorkehrungen und Notfallmaßnahmen im Brandfall zu treffen.
Sämtliche wichtigen Brandrisiken, die sich aus dem Betrieb der Anlage ergeben können, -sind mit höchster Sorgfalt einzuschätzen, damit diese bestenfalls gar nicht erst aufkommen.
– Alle Verantwortlichen für die Brandbekämpfung sind zu benennen und umfassend zu unterweisen.
– Eine ausreichende Anzahl von funktionierenden Feuerlöschern ist, abhängig von Art und Größe der Anlage, bereitzustellen. Diese müssen den richtigen Brandschutzklassen folgen.
– Die betrieblichen Verantwortlichen zur Brandbekämpfung beherrschen den fachkundigen Umgang mit vorhandenen Löschmitteln.
– Steht eine ausreichende Persönliche Schutzausrüstung (PSA) für das verantwortliche Personal griffbereit zur Verfügung?
– Die Lagerung von leicht entzündlichen Gegenständen und Stoffen hat stets so zu erfolgen, dass eine Entzündung nicht möglich ist.
– Gefährliche Bestandteile der Elektrotechnik lassen sich im Brandfall zügig und leicht ausschalten. Die Ausschaltung darf jedoch nur erfolgen, wenn diese Teile nicht an der Brandbekämpfung beteiligt sind oder die Ausschaltung weitere Gefahren hervorrufen kann.
– Feuerwehrpläne nach DIN 14095 sollten in jedem Betrieb ausreichend und gut einsehbar vorhanden sein.
– Im Brandfall stimmt sich der Anlagenbetreiber umfassend mit der Feuerwehr ab. Den Anweisungen der Feuerwehr ist unbedingt Folge zu leisten.

Ausschluss der Geltung der Norm DIN VDE 0132

Zum sicheren Betrieb einer elektrischen Anlage gehört die Schaffung von Maßnahmen zum Brandschutz sowie zur Brandbekämpfung durch den Anlagenbetreiber. Das ist hier festgeschrieben: Abschnitt 4.1.111 „Brandschutz und Brandbekämpfung” der DIN VDE 0105-100:2015-10 „Betrieb von elektrischen Anlagen – Teil 100: Allgemeine Festlegungen”. In diesem Abschnitt wird unmittelbar auf die DIN VDE 0132 sowie die DIN VDE 0105-100 im informativen Abschnitt B.4 verwiesen.

Die Norm DIN VDE 0132 gilt nicht in folgenden drei Anwendungsbereichen:

1. für die Errichtung sowie den Betrieb ortsfester Löschanlagen,
2. für Anlagen zur Beregnung, Wasserwerfer und ähnlichen Löschmaßnahmen,
3. für spezielle Löschmaßnahmen, wie z.B. die Flutung von Kabelkanälen mit Wasser oder Löschschaum.

Die DIN VDE 0132 gelten ebenfalls nicht, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:

Für elektrische Anlagen mit einer Nennspannung bis 50 V Wechselspannung (AC) oder bis 120 V Gleichspannung (DC) gelten die in der DIN VDE 0132 angegebenen Werte der Mindestabstände für Annäherung und Löschmitteleinsatz nicht.

Fazit
Verantwortungsbewusste Betreiber von elektrischen Anlagen sind sich der erhöhten Gefahr, die sich aus dem Betrieb ergeben, stets bewusst. Da sie jedoch eine große Anzahl anderer Aufgaben, wie dem betriebswirtschaftlichen und verwaltungstechnischen Teil, zu bewältigen haben, ist niemand vor kleinen Unachtsamkeiten gefeit. Daher empfiehlt es sich, sich in regelmäßigen Abständen mit den Vorgaben der Norm DIN VDE 0132 intensiv zu befassen und den möglichen Brandfall mit verantwortlichen Mitarbeitern zu kommunizieren. Denn im Brandfall gilt es, Ruhe zu bewahren. Das gelingt nur mit einer verantwortungsvollen Vorbereitung auf das Ereignis, das hoffentlich nie eintrifft. Zum einen dient diese Vorgehensweise der Rettung von Menschenleben. Andererseits bleibt so der Versicherungsschutz in vollem Umfang erhalten.

× Schreiben Sie uns auf WhatsApp